Tag 102: Der vorletzte Tag, Abschied von den Bergen

2018-08-28: CS "Five Mile" → CS Ruby Pasture


Als ich aufwachte war mein ganzes Zelt richtig nass. Selbst an dem Innenzelt ronnen die Tropfen herunter. Das waere kein Problem, aber auch meinen Schlafsack hat es erwischt, da ich mit diesem das Innenzelt ab und zu beruehrte. Ich hatte auch das Gefuehl, dass mein Zelt kleiner wird. Das geht wirklich ein!

Wieder mal stellte ich den Wecker einfach weiter auf 6:30 um wenigstens etwas mehr Schlaf zu bekommen. Ich war wohl einer der letzten die aufgestanden sind und waehrend ich noch beim zusammen packeln war, liefen manch andere schon los.

Um 7:15 Uhr war es dann auch fuer mich soweit und ich startete in meinen vorletzten Wandertag, jedenfalls wenn ich nur die Wanderstrecke bis zur Grenze mit einbeziehe. Der Wanderweg verlief schon bald ausserhalb des Baumbereiches und ich hatte nun freie Sicht auf die Gletscher. Es ist einfach nur atemberaubend welche Schoenheit dieses Ende der PCT Alternativroute bietet. Auch wenn es nur die Alternativroute ist, bin ich trotzdem einfach nur gluecklich, dass ich den PCT gewandert bin.

Die Sehne vorne an meinem Fuss tat schon nach den ersten Minuten weh. Diese spuehrte ich schon gestern, ignorierte das aber einfach. Waere ich auf einer normalen Wandertour, dann wuerde ich total darauf acht geben, aber ich weiss, dass mich das nicht von meinem Ziel abhalten wird. So versuchte ich diesen leichten Zugschmerz fuer den Rest des Tages zu ignorieren was meist sehr gut gelang. Jetzt standen mir erst mal 600 HM Aufstieg bevor. Das war an sich auch ein Klacks. Ich lief in meinem ueblichen Hatsch vor mir her, ueberholte einen anderen PCT Hiker, machte hier und dort Fotos von dieser wunderschoenen Landschaft und oben am Pass erwartete mich schliesslich ein Wanderweg welcher in's Geroellfeld gebaut wurde.

Nun war ich am hoechsten Punkt fuer den Restweg. Ab sofort erwartet mich nicht mehr viel "schlimmes". Ich verabschiedete mich hier von den Bergen und blickte in das langgestreckte Tal vor mir mit vielen Baeumen und einem Fluss der sich durch's Tal seinen Weg gebahnt hat. Insbesondere die Uebernachtungen werden jetzt nicht mehr so kalt in der Nacht was etwas angenehmes an sich hatte. Beim nun folgenden Abstieg lief ich an diversen anderen PCT Hikern vorbei die alle vor mir aufgestanden sind. Das aergerliche waren mal wieder die Pflanzen welche in den Wanderweg hineinragten. Diese waren von der immer noch feucht und ich streifte mit meiner Hose alles ab, sodass schon bald auch meine Schuhe wieder pitsch nass waren. Tja, egal.

Als ich bei einem Fluss ankam war ich auch nicht gerade angenehm davon angetan, dass ich diesen schon wieder ohne Hilfmittel ueberqueren musste. Oder eher gesagt durchqueren. Wie schon gestern galt: Meine Schuhe sind sowieso schon nass, also einfach los. Wieder mal boten meine Schuhe eine gute Isolierung gegen das kalte Wasser. Im Gegensatz zu gestern lief ich aber einfach in meinen nassen Schuhen weiter statt diese etwas zu entwaessern und meine Socken auszuwringen. Soviel Unterschied macht das bei diesen Schuhen wirklich nicht aus, da diese sehr gut Luftdurchlaessig waren.

Nach einem kurzen Aufstieg schlaengelte sich der Wanderweg dann in vielen Zick Zack Linien einen Hang herunter. Ich war mehr als ueberrascht, dass ich hier eine alte Pipeline aus Metall fand welche gut 40 cm Durchmesser hatte. Die starke Korrosion signalisierte, dass diese wohl nicht mehr in Betrieb war, aber was hat diese denn hier in der Mitte des Nirgendwo zu suchen? Wenig spaeter kam die Antwort: Ich fand die Ueberbleibsel von einer nicht mehr existierenden Huette mit Maschinen. Was wurde denn hier gemacht? Ein Gold Rausch? Vermutlich war es dass auch. Warum wuerde man sonst diese ganze Technik, insbesondere die schweren Maschinen, hier her bringen? Das hier war auch "Skagit Queen", der eigentliche Zielpunkt von meiner gestrigen Wanderung. Ich war sehr froh, dass ich nicht versucht habe bis hier her zu kommen.

Nun stand noch mehr Abstieg bevor. Noch gute 300 HM und statt dem Flusslauf weiter zu folgen stieg der Wanderweg wieder 300 HM weiter nach oben um dann wieder abzufallen. Warum ist mir nicht ganz klar. Am hoechsten Punkt traf ich auch zwei andere PCT Hiker welche mich vorher beim Pausieren kurz vor dem Aufstieg ueberholt hatten. Ein Schild zeigte nun zwei Moeglichkeiten an. Der eine PCT Hiker meinte gleich, dass es rechts weiter ging, aber ich war mir da nicht so sicher. Nach links wurde der Diablo Lake angezeigt. Ein Blick in die Karte zeigte auch, dass dies die richtige Richtung sein wuerde. Nach ein paar Minuten stellte sich dann heraus, dass das auch stimmte, da der Weg auch einmal direkt am Fluss bergab verlief.

Wieder zurueck im Tal stand mir dann ein langer Hatsch im Tal bevor. Dieser verlief zumeist etwas vom Fluss entfernt und immer mal wieder mit etwas auf und ab, links und rechts, sich durch die Natur schlaengelnd. Nicht, dass mich das ermueden wuerde, aber ich kalkulierte die Strecke basierend auf meinen digitalen Karten und diese hatten diese ganzen Schlinger nicht mit drin.

Bald begegnete ich auch Tageswanderern, allerdings kamen die von einer Abzweigung welche ich nicht nehmen werde. Fuer mich standen jetzt weitere 600 HM Aufstieg bevor um in's Nachbartal mit dem Panther Creek zu kommen. Panther creek! Wie toll! Der Aufstieg zog sich wirklich hin und nun erwartete ich nichts weiter als eine gemuetliche Wanderung entlang des Tals, jedenfalls signalisierte das der Weg in der Wanderkarte.

Nach ein bisschen Abstieg passierte ich dann auch das Panther Camp. Hier wollen die drei bleiben welche ich heute ueberholt habe. Ich wollte aber noch weiter, viel weiter!

Der Wanderweg fuehrte schon bald ueber einen Fluss ueber den ein kleiner Steg fuehrte. Wie auf der Karte eingezeichnet folgte der Wanderweg dem Fluss dann auf der rechten Seite. Was dann kam haette ich echt nicht erwartet. Der Wanderweg verlief auf einmal in sehr steilen Serpentinen nach oben. Was ist denn jetzt los? Nach ca. 15 Minuten steilen Serpentinen Aufstieg musste ich mir wirklich ueberlegen, ob ich vllt. weiter unten eine Abzweigung verpasst hatte. Ich hatte schon ueber 100 HM Hoehe ueberwunden und so etwas muss ja in der Karte verzeichnet sein. Allmaehlich wurde es mir auch mulmig im Magen. Was sollte ich denn tun, wenn ich den Wanderweg nicht finde? Erst mal stieg ich wieder ab und suchte auf dieser Flussseite nach einer Abzweigung. Da war aber nichts. Keine Abzweigung und auch kein Wanderweg. Vllt. haette ich den Fluss vorhin noch nicht queren duerfen? Ich wusste keine Antwort. In der Karte fehlten gestern schon einmal viele Serpentinen und ganz allgemein war die Karte auch nicht wirklich genau. Vllt. muss ich einfach noch weiter nach oben steigen. Ich setzte mir ein Zeitlimit von 25 weiteren Minuten und machte mich das zweite mal an den Serpentinenaufstieg. Kehre um Kehre zog es sich hin und nachdem ich den Punkt erreicht hatte an dem ich vorhin umgekehrt bin, zogen sich noch ein paar mehr Kehren nach oben um dann auf einem langsamer aufsteigenden Wanderweg weiter zu fuehren, allerdings in Richtung Sueden. Allmaehlich wandelte sich alles in eine Art Angst nicht mehr auf dem richtigen Weg zu sein. Sozusagen planlos in den Bergen. Es wurde auch bereits dunkel und es sind noch mind 1.5 Stunden bis zum geplanten Zeltplatz. OK, das laufe ich jetzt auch noch. Dieser Weg machte dann ein paar Minuten spaeter wieder eine Kehre um dann auf nicht mehr steil anzusteigen. Letztendlich bog er sich um den Berg herum um dann abzusteigen. Ich wurde mehr und mehr erleichtern. Eilig lief ich vor mir her, Kehre um Kehre verlief der Weg nun wieder runter und dann hoerte ich auch schon Autos. Ein wenig spaeter war ich dann beim Trailhead. Ach du meine Guete. Und das alles am vorletzten Tag! Ich checkte das ganze mit meinem GPS wie ich es auch schon vorhin gemacht habe und musste feststellen, dass der Wegverlauf komplett falsch war. Der ganze Weg wurde in der Karte wohl aus dem Gedaechtnis eingezeichnet! Wahnsinn, was man als Wanderkarten tatsaechlich kaufen kann.

Jetzt stand noch ein kurzer Strassenhatsch an bei der eine Bruecke auch den Panther Creek ueberquerte. Hier befand sich nun der andere Trailhead. Sollte ich gleich hierbleiben oder noch weiterlaufen? Ich fragte zwei andere PCT Wanderer welche gerade von der Grenze zurueck gekommen sind wie denn der weitere Weg sei und sie meinten dass er einfach zu laufen ist.

OK, dann ziehe ich diese letzten 3 Meilen jetzt auch noch durch, auch wenn's bereits dunkel ist. Ich setzte meine Stirnlampe auf und machte mich an den kurzen Abstieg um dann mit einer Bruecke wieder einen Fluss zu queren. Von nun an verlief der Weg langsam aufsteigend, immer mal wieder kleine Fluesschen kreuzend wobei ich am letzten vor dem Camp meinen Wasserfilter mit 3 Liter fuellte.

Ich lief nicht direkt zu der Campsite fuer welche ich eine Erlaubnis hatte, sondern blieb bei einer bei der ich mir 0.5 Meilen einsparte. Das war mir jetzt auch egal. Das ist aus meiner Sicht ein Notfall. In der Dunkelheit sollte man nicht wandern. Dort angekommen machte ich mich gleich an's Wasser kochen, Zelt aufbauen, Wasser in Packung mit Essen, Seil fuer Essen ueber Ast schmeissen, essen, Essen fuer Morgen und evtl. uebermorgen aufhaengen, ab in's Bett. Das war's.