Tag 100: Laenger als erwartet

2018-08-26: CS Holden village → CS Stehekin


Geschaetzte Strecke: 18 Meilen, aber hat sich wie 25 angefuehlt!

Um 6 Uhr klingelte mein Wecker, aber ich hatte es nicht wirklich eilig da ich auf ein gutes Fruehstueck in Holden Village hoffte. Trotzdem futterte ich drei Paeckchen von den Oaker Haferflocken, sonst schleppe ich diese nur unnoetig mit.

Um 6:50 Uhr startete ich los. Mein Rucksack fuehlte sich ungewoehnlich leicht an. Ich lief alles in Sandalen und in meinen trockenen Socken. Sowohl meine Schuhe als auch die Socken welche ich gestern zum Wandern anhatte waren noch sehr sehr nass. Der Wanderweg verlief auch an den Grundriss Ueberbleibseln von Gebaeuden vorbei. Hier was wohl mal mehr los als heutzutage.

Dann war ich auch schon in "Holden Village", einem kleinen Dorf was man auch als Feriendorf beschreiben konnte. Ueberall standen kleine Holzhaeuschen herum welche man wohl anmieten konnte. Nach etwas Orientierungsschwierigkeiten fand ich dann auch den Speiseraum und dort waren schon viele Besucher von diesem Dorf welche sich zum Fruehstueck eingefunden hatten.

Erst mal musste ich herausfinden wo ich hier zahlen kann! Ein Tisch mit freiwilligen Helfern meinte, dass ich einfach so essen sollte. Aber das mache ich auch nicht. Da die Rezeption wo ich zahlen haette koennen noch geschlossen war, gab ich einfach Geld an einen der freiwilligen Helfer. Warum gibt es ueberhaupt das Wort "Volunteer" im Englischen? Hmm.... egal.... Beim Fruehstueck haute ich dann richtig rein. Die 8 Dollar (!!!) haben sich wirklich rentiert. Hier gab es ein all-you-can-eat Buffet. Nicht ganz so exquisit wie in der Timberline Lodge, aber dennoch eine relativ grosse Auswahl inklusive vieler Fruechte. Ich verputzte ein paar Toastbrote mit Belag, Fruechte und Muesli mit Apfelmus und Jogurt, eine Banane, wieder ein Muesli mit Zeug drin und bevor ich komplett papp satt gewesen waere beschloss ich aufzuhoeren. Immerhin hatte ich noch einiges zu wandern. Ich verputzte mein Fruehstueck auch an einem Tisch mit jemanden der hier regelmaessig Urlaub macht. Er erzaehlte, dass das hier einmal ein Bergarbeiter Dorf war und dass es hier einen Basketballplatz gab, eine Bowling Bahn, etc. Es ist schoen zu sehen, dass das in dieser Form umfunktioniert und nicht einfach verlassen wurde. Das erklaerte auch die Grundmauern der nicht mehr existierenden Gebaeude welche ich vorhin gesehen habe.

Meine Socken von gestern waren immer noch nass. Ich beschloss diese einfach mal kurz unter dem Handtrockner in der Toilette zu behandeln. Tja... das mueffelte schon ganz schoen... Ich haette aber wohl eine halbe Stunde gebraucht um diese durchzutrocknen. Soviel Zeit wollte ich nicht investieren und diese Toilette (die einzige hier...) wollte ja sicher auch noch jemand anders benutzen... Die trockenen und relativ sauberen Socken wollte ich unbedingt fuer den Abend haben. Also zog ich kurzum die nassen Socken an, dann die nassen Schuhe und los ging's.

Nun standen mir erst mal 1000 HM Aufstieg bevor. Irgendwo zwischen den Haeusern fuehrte der Wanderweg durch und ohne die Uebersichtskarte welche es online gab und welche auch hier und dort zu finden war haette ich diese Abzweigung wohl nicht gefunden. Diese PCT Alternative war auch sehr gut ausgezeichnet. Bei fast jeder Abzweigung gab es ein laminiertes Zeichen welches den PCT anzeigte. Es war kurz nach 8 Uhr.

Erst mal verlief der Wanderweg wunderbar angenehm aufsteigend ueber eine Art Autobahn. Ein breiter Weg, alles kein Problem. Dann endete diese Autobahn an einem Wasserfall und ein Wanderwegzeichen zeigte an, dass es nun steil den Berg hoch ging. Das einzig seltsame war, dass der nun folgende Wanderweg nicht mal in den Wanderkarten zu finden war, nicht einmal in meinen digitalen! Aber egal. Ich wandere den PCT und fahre nicht mit der Faehre. Die Alternative welche von vielen Wanderern genommen wurde ist naemlich, einfach von Holden Village runter zum See zu laufen und von dort aus mit der Faehre nach Stehekin, meinem heutigen Ziel, zu fahren. Die PCT alternative zog sich unglaublich steil aufsteigend den Berg nach oben. Das hatte schon etwas von einem Steig. Sehr schnell machte ich so viele HM. Dann gelangte ich in einen Teil des Waldes welcher wieder mal abgefackelt war. Ich weiss nicht, ob ich nun geschockt sein soll oder nicht. Mich ueberraschen mittlerweile solche abgebrannten Waldgebiete einfach nicht mehr.

Diesen "Steig" hatte ich bald geschafft und der Wanderweg verlief nun in der Naehe des kleinen Flusses welcher unten den Wasserfall mit Wasser belieferte. Den eigentlichen Aufstieg nahm ich gar nicht so richtig wahr, sondern lief einfach so vor mir her. Ich war von dem Fruehstueck auch mehr als gestaerkt. Nur eine Sache fand ich alles andere als toll: Es fing wieder zu nieseln an. Das reichte aus um das Gestruepp welches leicht ueber den Wanderweg wuchs mit Wasser zu benetzen. Wie schon gestern fuehrte das dazu, dass meine Hose nass wurde und damit auch meine Schuhe. Fuck! Aber was soll's, so ist das halt.

Eine beschilderte Abzweigung gab es hier auch noch und der Wanderweg fing danach wieder an etwas steiler aufzusteigen. Dann sah ich auch den Pass der ein kleines bisschen in Wolken eingehuellt war. Immerhin musste ich heute nicht in diese Nebelsuppe einsteigen. Der Wanderweg verlief nochmal etwas steiler und schon war ich am Pass. So wild war das ja nicht! Ich hatte in Erinnerung, dass der Wanderweg nur ca. 11 Meilen lang sein sollte und damit hatte ich schon die Haelfte geschafft. Nur irrte ich mich darin...

Nach dem Pass ging's knackig weiter. Es standen ueber 1600 HM Abstieg bevor! Der erste Teil davon verlief sehr sehr steil, fast senkrecht entlang der Ueberbleibsel von etwas Schotter mit ein paar Pflanzen die aus irgendeinem Grund hier entlang der senkrechten Wand waren. Hier spielte ich auch nicht mit meinem Handy herum. Jeder Schritt musste sitzen. Dann war dieser knackige Teil fertig.

Ab sofort verlief der Weg wieder zumeist im Wald. Es regnete immer noch! Ich sah immer noch Dinge in der Natur fuer den Bruchteil einer Sekunde. Seien es Baeren, irgendwelche Figuren oder auch andere Sachen wie z.B. Wegweiser welche natuerlich nicht existieren. Mein Gehirn hat sich auf diesen Anblick der Natur umgestellt um darin Gefahren und andere Sachen zum Ueberleben zu erkennen. Bald ist das aber alles vorbei.

Nach einer gefuehlten Ewigkeit checkte ich auch meine Position mit dem GPS und wie lange ich noch bis zum Tal hatte. Ich befand mich nicht mehr auf dem PCT und meine Regel, ohne GPS den PCT zu wandern galt aus meiner Sicht hier nichts mehr ;-). Aber zum navigieren brauchte ich das GPS auch nicht, da es hier nur einen einzigen Wanderweg ohne irgendwelche Abzweigungen gab. Irgendwie machte ich fast keinen Fortschritt. Dann kam auch noch eine weitere Ueberraschung:

Vor mir stroemte ein grosser Fluss vor sich her. Was soll denn jetzt dieser Schmarrn? Muss das jetzt noch sein? Naja, meine Schuhe waren sowieso schon nass und dieses Wasser hilft vllt. sogar noch die Schuhe und Socken etwas sauberer zu bekommen! So watete ich einfach so durch diesen Fluss. Was fuer ein Mist dachte ich zuerst, aber dann fuehlte es sich nicht mal kalt an. Die Schuhe schienen meine Fuesse gut vor diesem Gletscherwasser zu isolieren.

Nach der Flussquerung machte ich auch eine Pause. Hunger hatte ich noch nicht, aber es war bereits um 1 Uhr herum. Erst mal wringte ich meine Socken aus von denen eine Braune Sosse herausfloss. Dann wusch ich meine Haende mit dem Wasser aus meiner Trinkblase und danach verputzte ich zwei Tortillas. So richtig Hunger hatte ich noch nicht, aber das Zeug muss ja weg. Jetzt esse ich schon so viel, dass ich nicht mal mehr hungrig bin! Vllt. lag's auch an dem Snickers und dem Cliff Bar die ich beim Aufstieg verputzte.

Die Pause dauerte wohl nicht mal 15 Minuten. Es nieselte immer noch leicht und ich machte mich gleich weiter daran abzusteigen. Ich plante ja eigentlich damit schon um 12 Uhr anzukommen, aber damit wurde es wohl nichts mehr.

Beim weiteren Abstieg begegnete ich dann noch irgendwelchen Wanderern ohne Rucksack. Huch?!? Was ist denn hier los?!? Weit kann ich ja nicht mehr von der Zivilisation entfernt sein. Dann begegnete ich noch anderen Wanderern und erfuhr, dass all deren Zeug von Pferden hoch geliefert wurde. So ein faules Pack! Aber naja, wenn ich an deren Stelle waere, wuerde ich davon vllt. auch Gebrauch machen. Wenig spaeter kamen mir auch schon die Pferde entgegen.

Das Tal erreichte ich dann kurz vor 3 Uhr und viertel nach 3 die Bruecke zu einer Art Hauptstrasse. Dort wartete ich nun da ich wusste, dass es von hier einen Bus geben wird der mich direkt nach Stehekin bringen wird. Damit schaffe ich es noch auf die Post um mein Paeckchen, da dieses um 16 Uhr schloss.

Der Bus kam schon schnell und ich musste erst mal 8 Dollar blechen. Fuck, ist das teuer, aber was soll's. Bei einem Zwischenstopp gab's auch noch eine Baeckerei mit einer Mega Zimtschnecke die wohl soviel Kalorien hatte, dass ich es damit alleine bis nach Kanada schaffen wuerde. Diese verputzte ich auf den paar Minuten Fahrt nach Stehekin. Als ich dann bei der Ankunft den Busfahrer nach der Post fragte meinte dieser, dass diese geschlossen hatte. Es ist Sonntag. Shit! Damit bin ich einen Tag zu schnell unterwegs. Verdammt! So war das nicht geplant, aber tja. So ist das jetzt halt.

Ich lief gleich weiter zur Ranger Station um eine Erlaubnis fuer das Campieren fuer den Rest der Alternativroute zu bekommen. Hier musste ich angeben wann ich wo campieren werde was gar nicht so einfach war. Nach 15 Minuten war dann alles fertig geplant. Morgen wird's nochmal sehr sehr hart und dann kann ich mit Wandermeilen um die 30 Meilen eher chillen. Auch das Wetter sollte so sein, dass es nicht mehr regnet. Aber das war nur fuer diese Region hier und allgemein gebe ich nicht viel auf Wetterberichte in den Bergen. Aber es machte Hoffnung mit trockenen Schuhen in Kanada anzukommen.

Ich stellte dann auch noch fest, dass es 17 Meilen von Holden Village bis zur Strasse waren und nicht 11 Meilen. Das erklaerte auch einiges. Ab sofort ist auch absoluter Luxus angesagt: Fuer den Rest der campsites auf denen ich uebernachten muss gibt es diese Plumsklos! Whooooo!!!

Dann ging's weiter zum Duschen um festzustellen, dass ich Quarters brauche (1/4 Dollar Muenzen), deshalb zurueck zum Shop, dann Waesche waschen um wieder zum Shop zu laufen um Waschmittel zu besorgen und dann war alles fertig. Zwischendrin lief ich immer mal wieder zum Zeltplatz um mein Zelt aufzubauen und meine Waesche zum trocknen aufzuhaengen.

Mittlerweile bin ich auch davon ueberzeugt, dass ich meinen Bauch in der Tag zurueck bekomme. Wie sieht das erst aus, wenn ich ein Monat lang weiter so beim Essen zuschlage?!? Das wird gar grauenhaft.

Abends gab es noch ein ordentliches Essen: Eine volle Ladung an Spare Ribs. Das war soviel, dass ich damit zu kaempfen hatte alles zu verdruecken. Jetzt wird's dann auch Zeit zum in's "Zelt" gehen.

Stehekin ist uebrigens ein kleines Dorf welches wunderschoen an einem See gelegen ist.