Tag 96: Ankunft in Bayern

2018-08-22: CS2450 → Stevens Pass


Viel war heute nicht zu wandern, aber das war ja schon geplant. Ziel war eine Stadt die mich unglaublich an meine Heimat erinnern wird.

Das Aufstehen war mal wieder gemuetlicher und deutlich spaeter als sonst. Irgendwie geht das schon seit Tagen so ;-).

Ich packelte alles was im Zelt packelbar war in meinen Rucksack der auch im Zelt war. Als ich das Zelt oeffnete, kamen mir schon die ersten Fliegen entgegen. Naja, immerhin keine Muecken und ich habe schon deutlich nervigeres miterlebt. Das Fruehstuecksmuesli nahm ich wieder mal herumlaufend ein um die Kamikazefliegen die einfach in mein Gesicht flogen etwas zu mildern.

Erst um 6:50 Uhr startete ich los. Die Rauchdichte hat mal wieder zugenommen. Also nichts von wegen bessere Sicht. Aber was soll's. Der Wanderweg verlief erst mal wieder weiter hoch ueber einen unglaublich steil ansteigenden Wanderweg und viel Zick Zack. Das Gebirge dahinter hatte nicht mehr soviel mit dem vorherigen gemein. Alles war deutlich unapliner. Der Pass war auch komplett bewaldet und ich sah auch einen anderen Wanderer der hier oben auf einer ebenen Flaeche auf dem Pass noch sein Zelt aufgeschlagen hatte. Weiter ging's bergab um dann ein paar Wasserquellen zu passieren. Ich hatte aber noch genug Wasser mit dabei. Insgesamt ca. 1.5 Liter hatte ich seit Start der heutigen Wandertour und ich kalkulierte es so, dass ich damit bis zum Pass kommen sollte. Mal schauen...

An irgendeiner Pfuetze holte sich eine Wanderin ihr Wasser. Das war eher widerlich als irgendetwas anderes. Als ich ein paar Meter weiter lief und ein klares Fluesschen querte rief ich ihr zu, dass es hier besseres Wasser gibt. Spaeter kreuzte ich noch weitere Fluesschen. An Wasser mangelte es hier also nicht. Wieder bisschen auf und dann ab und ich war beim Hope Lake, einem See der eher einem Tuempel gleichte, dann beim Mig Lake fuer den das gleiche galt. Nun stand noch der letzte wirklich steile Anstieg fuer heute bevor, aber nur 250 HM. Alles nichts wirklich bedeutendes. Die Zeit verlief wie im Flug. Dann noch ein See, der "Lake Susan Jane", wieder fuellte ich kein Wasser nach. Das einzige Nachfuellen war, als ich Wasser von meiner Trinkblase in die 1 Liter Wasserflasche umfuellte um darin das Geschmackskonzentrat dazu zu geben. Ich lebe hier die letzten Wochen den wahren Luxus. Seit Wochen trank ich keinen puren Schluck Wasser sonder vermischte es immer mit diesen Konzentraten.

Jetzt sah ich auch schon die Stromleitungen unter denen es durch ging, dann noch der letzte Aufstieg von vllt. 100 HM und unter mir das Skigebiet. Hier gab's sogar eine Abfahrt namens "PCT Trail"! Laenger als erwartet dauerte der Abstieg zu dem Pass und auf dem Parkplatz angekommen fragte eine Frau ob ich eine Suessigkeit haben moechte. Ja klar! Ein anderer Wanderer den ich vorhin kennengelernt hatte war auch schon dort. So gab's eine Art plattgedrueckten Krapfen mit Fuellung. Boah ist das lecker! Dann gab's auch noch ein kuehles Getraenk und zum kroenenden Abschluss noch eine Mandarine. Alles prima! Aber noch war ich fuer heute nicht fertig, ich musste noch weiter und brauchte noch eine Unterkunft. Ueber mein Handy buchte ich mir ein Stockbett in Levensworth fuer 61$. Als ich dann den Trailangel verliess und eine halbe Minute spaeter am Highway war, gruebelte ich darueber nach ob ich alles mit dabei hatte. Hm... Wo war denn nochmal mein Geldbeutel? Beim Trailangel! Im gleichen Moment hoerte ich ein paar Rufe hinter mir und der Trailangel kam mir schon eilig mit meinem Geldbeutel in der Hand entgegengelaufen. Jetzt habe ich wieder alles :-). Statt gleich per Anhalter weiter zu fahren querte ich erst mal die Bruecke. Direkt ueber den Highway durfte man nicht laufen. Nach der Ueberquerung machte ich kehrt und lief wieder zurueck. Warum? Sodass ich das nicht morgen machen muss! Ich moechte den PCT (Meine Definition davon ist wg. den Feuern von der Grenze von Mexiko nach Kanada zu laufen) ununterbrochen ohne Spruenge darin laufen.

Bei dem Pass gab es auch kein Essen was in irgendeiner Form essbar aussah und so machte ich mich gleich daran per Anhalter weiter zu kommen. Tja.... so war der Plan. Nach 15 Minuten und vielen Autos die vorbei fuhren gab ich die Hoffnung schon bald auf. Ein Auto hielt sogar, aber sehr sehr weit entfernt. Sollte ich etwa Glueck haben? Eilig lief ich zu dem Auto und als ich fast dort war.... fuhr es einfach los. Dann aber hielt auf einmal ein Auto und eine nette Dame namens Heidi die schon die ganze USA bereist hatte wie ich im Gespraech herausfand.

Leavensworth war erstaunlich weit entfernt. Fast eine ganze Stunde dauerte die Fahrt und dann waren wir in Leavensworth. Heidi fuhr auch extra ueber eine Nebenstrasse durch Leavensworth um mir mehr davon zu zeigen und setzte mich dann direkt bei meiner Unterkunft ab. Ach wie schoen!

Dort wurde mir dann ein Bett im Bettenlager zugewiesen. Die Unterkunft selbst war sehr sehr modern und neu. Lediglich eine Waschmaschine gab es nicht, sodass ich unter der Dusche eine Handwaesche durchfuehrte. Das Duschen selbst dauerte wohl 45 Minuten. Eilig hatte ich es nicht wirklich. Sehr sauber zog ich meine Abendklamotten (Hose und T-Shirt) an in denen ich auch beim Wandern schlief. Diese mueffelten auch ein kleines bisschen, aber eben nur ein kleines bisschen. Etwas anderes hatte ich nicht. Aufgrund des intensiven Hungers (es war bereits 14 Uhr) verputzte ich auch die verbleibenden vier Tortilla Wraps einfach so ohne Belag. Der Hunger treibt's rein!

Nun war's Zeit fuer etwas Entspannung indem ich durch Levensworth bummelte. Erster Halt war beim McDonalds um mir Diet Coke mit etwas Fanta zu holen. Fuer den akuten Hunger gab's noch schnell einen kleinen Doppel-Hamburger. Dort lernte ich auch eine andere Gruppe PCT Hiker kennen. Diese hatten damit zu kaempfen ihre Bouce Box (Das ist ein Paket was man immer von Post zu Post weiterschickt und dabei Sachen reinpackt und herausnimmt) wieder zu bekommen. Hier meinte auch jemand, dass es in ein paar Tagen regnen und sehr kalt werden wird. Das war eine hilfreiche Info!

Als ich mir so Levensworth anschaute, erinnerte mich wirklich alles an Bayern. Es gab hier Pseudo Fachwerkhaeuser. Dann diese schoenen Balkone mit Blumen. Bei einer passenden Gelegenheit ueberpruefte ich auch, ob diese Blumen echt waren und das waren diese tatsaechlich! Ich freue mich schon unheimlich wieder zurueck in meine Heimat zu kommen.

Beim ersten Sportgeschaeft gab's leider meinen Wasserfilter nicht, gleiches beim zweiten Sportgeschaeft zu dem ich 2x hinlaufen musste da es bei der ersten Ankunft noch geschlossen war. Dann laufe ich eben nach Kanada mit meinem fast verstopften Wasserfilter. All zu oft muss ich ja nicht mehr filtern.

Hier gab's auch viele Lokale die behaupten original bayrisches Essen zu verkaufen. Beim Muenchner Haus nutzte ich die Gelegenheit und holte mir eine deutsche Bratwurst. Bei der Breze wurde behauptet, dass diese einen original bayrischen Teig hatte. Das klang ja nicht schlecht. Dazu noch ein IPA. Sorry, aber das deutsche Bier tue ich mir jetzt nicht an sondern bleibe beim IPA ;-). Die Bratwurst sah ja noch einigermassen wie eine aus. Diese wurde auch mit "gelbem Senf" (Uebersetzung aus dem Englischen) und mit Sauerkraut von mir belegt. Wenn schon, denn schon. Sozusagen eine Bratwurst nach Regensburger Art mit allem. Bei der Breze war es dann nicht mehr ganz so gut. Irgendein Depp hat diese erst mal mit Fett ueberpinselt. Muss in der USA denn alles im Fett ersoffen werden bevor man es serviert?!? Dazu gab's einen Kaesedip. Waere es eine richtige knusprige Breze gewesen, braeuchte es auch keinen Kaesedip.

Ich traf noch zwei andere PCT Hiker welche ich schon vor einem Monat auf dem Trail gesehen hatte. Mit diesen machte ich aus, dass wir uns um 7 Uhr im Andreas Keller treffen. Mal schauen ob die das schaffen. Einer von denen kifft den ganzen Tag und der andere macht zumindest den Eindruck davon ;-).

Es gibt mittlerweile auch eine Alternativroute um nach Kanada zu kommen. Damit komme ich nicht ueber den PCT in Kanada an, aber es ist ja fuer mich lediglich wichtig in Kanada anzukommen. Das zu erklaeren waere zu kompliziert. Kurzum: Es gibt keine Moeglichkeit zu dem PCT Monument an der kanadischen Grenze zu kommen. Die Alternativroute benoetigt eine spezielle Erlaubnis und diese kann ich in ca. 3 Tagen bei einer bestimmten Rangerstation bekommen. Alles kompliziert, aber die Wanderkarte der Alternativroute habe ich in einem Printshop vorhin ausdrucken lassen. Damit ist die Ankunft in Kanada noch schaffbar. Die Grenze darf ich aber nicht ueberqueren, da ich lediglich eine Erlaubnis fuer den Grenzuebergang auf dem PCT habe und an keiner anderen Stelle der kanadischen Grenze.

Gerade sitze ich im Gingerbread Cafe um etwas Suesses zu mir zu nehmen und das Tagebuch zu schreiben. Jetzt muss ich mich aber erst mal an die Planung von den naechsten Tagen machen.... das erfolgte dann im Andreas Keller, dem ersten authentischen bayrischem (und auch deutschem) Restaurant das ich bisher in der USA aufgesucht habe. Alle anderen die behauptet haben deutsches Essen zu servieren offerierten nur irgendein Zeug was mit Kalorien uebersaeht war und nichts mit deutschem Essen zu tun hatte, siehe diesbezueglich auch den vorherigen Kommentar ueber die fettbeschmierte Breze. Dieser Andreas Keller war wirklich ein heisser Tipp und ich schrieb dem USAler der mir das per Email mitgeteilt hat (Ich glaube, dass mir derjenige auch die Dose Wein geschenkt hat)

Auf dem Heimweg machte ich noch einen Stopp bei einem lokalen Supermarkt statt der geplanten grossen Safeways Supermarktkette. Es fuehlt sich irgendwie seltsam an, das letzte mal ordentlich einkaufen zu gehen. Ich machte mir nicht viel Gedanken darueber was ich die naechsten Tage essen werde sondern kaufte einfach das gewohnte Zeug, allerdings etwas mehr Suessigkeiten, z.B. Twix. Es fuehlt sich an wie mein letztes Abendmahl. Nach dieser Nachversorgung gibt es nur noch ein Resupply Paket in Stehekin und das war's dann.

Zurueck im Hostel machte ich mich dann daran meinen Rucksack fuer morgen fertig zu packen. Dann testete ich auch das technische Equipment. Seit gestern wollte mein Akku nicht mehr laden. An einem Wackler im Ladekabel lag es aber nicht. Die Batterie selbst blinkte beim Laden nur kurz auf und dann war's das. Die scheint nun tot zu sein. Aber auch die Solarzellen funktionierten nicht mehr. Nicht einmal mein Handy wollten die laden. Sogar ein Test unter 6 Gluehbirnen die ja ein grosses Lichtspektrum ausfuellten brachte nichts. Ich zerschnitt sogar das Stoffmaterial und entfernte diverse Schrauben um einen Fehler in der Technik zu finden, aber das alles half nichts. OK dann landen die jetzt auch in der Tonne. Ich hatte wirklich gehofft, dass ich die Solarzellen mit ueber die kanadische Grenze schleppen werde. Was aber nun? Um 23 Uhr nachts lief ich zum Safeways Supermarkt um mir dort zwei billig Akkus zu kaufen. Und damit werde ich nun nach Kanada aufbrechen. Ich brauche erst mal Batterien fuer 4 Tage und dann nochmal fuer 3 Tage. Das sollte theoretisch ausreichen. Naja, eben theoretisch. Mal schauen ob das klappt wenn ich auch noch meinen GPS Notpiepser mit aufladen muss.

Einen Filter fuer meine Trinkblase bekam ich auch nicht mehr. Der war in einem Wanderladen generell nicht verfuegbar und im anderen gleich ausverkauft. Eine neue Gaskartusche kaufte ich auch nicht mehr. Die jetzige wird schon noch fuer 6 Campingtage halten... hoffe ich...

Morgen wird's ein wirkliches Abenteuer wieder zum Pass zurueck zu kommen. Wenn man von einer Stadt per Anhalter heraus will, ist das wohl immer deutlich schwieriger. Eine Hitch Bitch waere da ganz gut ;-).