2018-08-21: CS2423 → CS2450
Geschaetzte Strecke: 28 Meilen
Ich bin jetzt in meinem Zelt und schaffte nur 28 Meilen. Das klingt nach nicht viel, allerdings beschloss ich auch frueher aufzuhoeren. Beim Schreiben kommt nun hinzu, dass ich die Wanderkarten fuer die gewanderte Strecke nicht mehr habe.
Die Nacht war nicht super erholsam. So richtig gut konnte ich nicht schlafen. Dann lief vermutlich auch noch ein doofes Reh um die Zelte herum.
Beim Fruehstuecken spuckte ich dann auch noch gleich das Muesli aus als ich den ersten Bissen davon in den Mund nahm. Baeh! Das schmeckt ja nach gar nichts! Ich haette mir da etwas Geschmack in Richtung Fruechte erwartet, aber da war gar nichts. Eine Packung Schokomilchpulver von denen ich noch ein paar fuer Notfaelle bei mir habe loeste das Problem.
Mein Zelt war richtig pitsch nass. Vermutlich kam das davon, dass ich den Frontzipper verschloss und sich damit meine ganze Ausduenstungsfeuchtigkeit im Zelt fing.
Um 7:00 Uhr startete ich dann auch schon los. Der erste Teil des heutigen Weges fuehrte mich in vielen Serpentinen bergab. Viele andere Wanderer waren immer noch in ihrem Zelt und genossen wohl noch mehr die Morgenstimmung. Der Wanderweg fuer den heutigen Tag war mal wieder nicht ueberall all zu einfach zu begehen, aber so sollte ein alpiner Wanderweg auch sein. Relativ schnell gelangte ich an das tiefste lokale Extrema und ueberquerte ein Fluesschen. Hier war es nun auch Zeit endlich wieder frisches Wasser zu beziehen, allerdings nur einen Liter. Mehr brauchte ich nicht fuer die kommenden 300 HM Aufstieg.
Nun verlief der Weg leicht absteigend den Berghang entlang. Im Tal befand sich ein sehr sehr grosser See den ich allerdings fast nie zu Gesicht bekommen habe. Der Baumbewuchs ist einfach zu dicht dafuer. Als der Wanderweg von dem See weg fuehrte war der Weg eigentlich relativ gemuetlich, nur ein paar Minuten steilste Serpentinen brachten etwas Abwechslung in den Wandertag. Mein Rucksack war nun auch wieder relativ leicht, da ich schon das meiste weggefuttert habe. Aber wohl auch so macht mir ein solcher Aufstieg nichts aus. Pause machte ich sowieso nicht, allerdings legte ich auch nur einen normal schnellen Hatsch hin.
Besonders schoen war, dass sich hier der Rauch etwas verzogen hatte. Vllt. lag das an der Mittagszeit oder einfach daran, dass es hier weniger Rauch gab. Im Endeffekt war mir das auch egal. Ich fand den Anblick der umgebenden Berge einfach toll. Hier und dort gab es auch noch schoene Schneefelder zu sehen.
Nach dem steilen Anstieg befand ich mich auf einer Art ebenen Flaeche auf der sich auch ein See "Deep Lake" befand. In etwa die ersten 14 Meilen waren geschafft und so war es nun an der Zeit fuer einen kleine Pause. Der Fluss beim See war genau der richtige Zeitpunkt dafuer. Heute gab's zwei Tortilla wraps. Was? Nur zwei? Ja, das hatte folgenden Grund: Wenn ich jetzt nur zwei esse, muss ich nicht die neue Portion Wurst und Kaese anpacken sondern kann diese auf die naechste Etappe mitnehmen. Statt dem dritten Wrap verputzte ich dann eine Ladung Kartoffelbrei mit Speck und anderem Zeug (vermutlich kuenstlich). Damit war ich auch papp satt.
Ich lernte auch "Bird" kennen, ein Maedel welches den PCT in Teiletappen laeuft und das Southbound. Sie selbst ist Farmerin, baut Gemuese an, hat Huehner und anderes Getier das sie schlachtet und scheint ein richtig tolles Leben im Einklang mit der Natur zu fuehren. Sie erzaehlte mir auch, dass sie ein anderer Wanderer vor einem Baeren gewarnt hat der ihm relativ aggressiv entgegengetreten ist.
All zu viel Zeit zum quatschen hatte ich nicht, ich musste weiter. Als Baerenschutz hoerte ich "Lamb of God" ueber den Lautsprecher meines Handys. Wenn mir schon ein Baer toeten sollte, dann wenigstens mit cooler Musik! Der Himmel wurde blauer und blauer und der Aufstieg von 300 HM war mit ein paar Serpentinen auch schnell hinter mich gebracht.
Der Pass war bis auf den Anblick der neuen Berge unspektakulaer und ich machte mich wie ueblich sofort an den Abstieg. Den ganzen Tag begegnete ich ja schon anderen Wanderern, aber heute waren diese wohl eher seltsam. OK, gestern gab's auch das heulende Maedel. Bei diesem Abstieg aber fragte eine Frau nach meinen Karten und meinte, dass sie diese auch laminiert mit dabei hat. Diese sah ich in ihrer Seitentasche. Jede Seite war einzeln laminiert. Spinnt die? Ich habe doch nicht jede einzeln laminiert sondern nur in einer Schutzhuelle. Naja, auf jeden Fall meinte sie, dass die Karten ganz schoen falsch sein muessen. Warum denn das? Sie meinte dann, dass die Meilenangaben nicht stimmen. Ihr Handy misst etwas ganz anderes. Ja, weil dein Handy halt scheisse ist dachte ich und antwortete ihr, dass Halfmile diese Karten mit einem hochpraezisions GPS Geraet erstellt hat und ihr Handy nur minderwertige Qualitaet liefert. Die Karten stimmen schon. Und falls sie sich beschweren will, laeuft ihr vermutlich irgendein weiss baertiger Mann bald entgegen und das ist Halfmile. Dort kann sie sich ja beschweren. Pffff..... immer diese Handy Benutzer.
Es gab wieder mal ein paar Fluesse zu queren wobei einer besonders gross war und ueber ein steil abfallendes Geroellfeld verlief. Dort querte ich nicht an der vorgesehenen stelle, sondern weiter oben wo ich ueber eine Art Geroellminiinseln trocken ueber den Fluss kam.
Nun verlief der Weg auf einmal bergauf. Nanu? Was ist denn da? Ah! Nach einem Blick in die Karte wurde mir dann klar, dass das schon die tiefste Stelle war. Das war zwar ungewoehnlich, aber mir mehr als recht. Einfach zu Wandern war dieser Teil des PCT sowieso nicht wg. dem unebenen Untergrund. Dieser Teil war auch nicht fuer Maultiere zugelassen sodass diese einen Umweg nehmen musste. Ich war froh, als sich dieser Umweg wieder mit dem PCT vereinigte. Das laeutete auch wieder einen einfacheren Wanderweg ein. Diese Theorie wurde auch bestaetigt: Ich konnte nun ganz gemetlich weiterlaufen und holte mir bei einer Flussquerung frisches Wasser, aber nicht all zu viel.
Eine andere besondere Begegnung hatte ich auch mit einem Wanderer (Name vergessen) und seiner Tochter (Paintbrush): Dieser war ein SectionHiker und hatte Trailmagic mit dabei! An einem Sack welcher hinten an seinem Rucksack baumelte gab es diverse Tueten mit Snacks und ich durfte mir davon auch einen Snack nehmen. Das war ja mal eine wirklich besondere Trailmagic! Ich freute mich tierisch und verputzte beim weiterlaufen gleich keinen Snack.
Jetzt galt es erst mal 300 HM zu schaffen. Bei einem Flussauslauf von einem See welcher sich kurz vor Ende der 300 HM Aufstieg befand holte ich mir dann noch 1.5 Liter zusaetzlich in meine Filterblase. Ab sofort gibt's naemlich kein Wasser oder nur unzuverlaessiges Wasser am PCT fuer die kommenden Meilen.
Wieder stieg der Wanderweg weiter fuer 300 HM auf, verlief ueber einen steilen oft mit Baeumen bewachsenen Hang und ich erreichte auch schon bald den Pass. Auf der anderen Seite waren dann ueberall Geroellfelder und ein See der von einem kleinen Wald umgeben war. Nach ein paar Minuten Abstieg begegnete ich zwei anderen Wanderern wobei mich einer fragte, ob er einen Blick auf meine Karte werden kann. Klar, kein Problem.
Was ich nun erleben durfte war schon unfassbar. Er wollte wissen, ob sie denn schon die Haelfte der Strecke nach Snoqualmie geschafft hatten. Die Haelfte? Vllt. ein fuenftel, aber nicht mehr. Aber doch zu den Gold-irgendwas Springs meinte er darauf. Davon vllt. ein drittel. Ich fragte, ob sie denn irgendwelche Karten mit dabei haetten was verneint wurde. Der eine meinte, dass er schon mal vor einiger Zeit diesen Weg gewandert ist. Da gab's bei mir nicht mehr viel zu ueberlegen. Ich ueberliess den beiden meine Wanderkarten inkl. den naechsten paar Meilen die ich noch wandern musste. Ohne diesen waeren die auf kurz oder lang aufgeschmissen. Unfassbar, wie man ohne Wanderkarte (auch nicht auf dem Handy) hier wandern kann.
Ich machte mich an den weiteren Abstieg. Seit dem letzten Abstieg hatte ich auch wieder leichte Schmerzen im Knie. Deshalb beschloss ich auch so schnell wie moeglich ein Nachtlager zu finden. Es war gerade um 18 Uhr herum glaube ich und eigentlich noch zu frueh zum Zelt aufschlagen, aber fuer morgen waren's nur noch 14 Meilen und ich wollte mein Knie nicht unnoetig belasten.
So schlug ich in der Naehe des Sees mein Zelt auf. Der See selbst war vllt. 50 HM unter mir. Mein Zelt war einfach nur pitsch nass. Ich baute dies gleich als erstes auf um es ein bisschen zu trocknen. Wg. keinem Wind und ohne Sonne dauerte das aber etwas und wenn ich ehrlich bin, ist es immer noch nicht ganz trocken. Es gab hier auch unzaehlige Muecken und Fliegen. Ich haette nicht erwartet, dass ich mein Mueckenkopfnetz nochmal brauche, aber hier packte ich es wieder aus.
Zum Essen gab es irgendein Huehnchen-Reis Gericht was wieder mal prima schmeckte. Mein Essen verpackte ich in meine Tueten und platzierte diese ca. 40 Meter von mir entfernt. Eine auf einem Baumstamm, die anderen einfach so auf dem Boden. Das ist nur eine Vorsichtsmassnahme fuer einen Baeren. Wenn ein Baer kommen wuerde und das alles verputzt, waere das nicht mehr so schlimm da ja nur noch 14 Meilen zu wandern sind.
Ich leide momentan auch unter dem "Phaenomen des Ankommens": Ich fuehle mich schwaecher und gebrechlicher, desto naeher ich dem Ende komme. Mehr und mehr Kraft fehlt mir. Ist das nur Einbildung oder normal auf dem PCT nach dieser Zeit? Wohl eher Einbildung, da ich das schon von vorherigen Wanderungen kenne.
Ich freue mich einfach sehr auf die Stadt "Levensworth". Ich gruebelte heute auch ueber die Bedeutung von Levensworth nach und vermute, dass es von "Lebenswert" abgeleitet wurde. Die Stadt ist voll von Geschaeften und Hotels die alle so benannt wurden als ob diese in Deutschland angesiedelt waeren.
Nun habe ich auch einen guten Alternativplan zum Wandern des PCT falls die letzten Meilen zur Grenze nicht freigegeben werden wenn ich ankomme. Dabei komme ich in Kanada nicht ueber den PCT an sondern ueber eine alternative Strecke. Ist mir aber auch egal. Es zaehlt nur, dass ich von der Grenze von Mexiko nach Kanada gewandert bin. Lediglich die Erlaubnis die Grenze ueber einen Wanderweg zu queren ist nicht mehr gueltig. Das muss ich auch noch loesen... oder einfach ignorieren...