Tag 51: Kein Paket fuer mich

2018-07-08: Campsite → Sierra City → Campsite


Geschaetzte Strecke: 20 + 1.5 + 7 Meilen

Eigentlich haette ich ja einen ganz einfachen Abstieg erwartet. Eigentlich haette ich ein Paket erwartet. Und eigentlich waere ich einfach in Sierra City geblieben. Aber alles kam ganz anders.

Um 6:30 und einem guten Fruehstueck ging's gleich los. Es stand eigentlich fast nur ein Abstieg bevor und es gab bis auf ein paar Huegel und aufsteigende Wanderwege eigentlich auch keinen Aufstieg.

Auf dem Grat von den Bergen ging der Wanderweg wunderbar durch diese gruene huegelige Landschaft. Schon gestern hoffte ich ja, dass diese Landschaft nicht dauerhaft so auf dem Rest und auch nicht in den kommenden paar Tagen sein wird. In einer Blickrichtung hatte ich sogar das Gefuehl, dass dahinter ueberhaupt keine Berge mehr waren. Die Blickrichtung war in Richtung See und da waren natuerlich keine Berge mehr. Der Wind fegte mir mal wieder um die Ohren und ich befestigte meinen Hut besser. Dieser hat oben um das Kopfteil sogar einen Gummizug mit dem ich diesen noch besser festzurren kann.

Mich freute es, dass das Voltarol gestern wohl wirklich geholfen hat. Ich spuehrte die eine bestimmte Sehne nicht mehr beim loslaufen. Dafuer lenkte der fehlende Schmerz nicht mehr von dem Hueftteil selbst ab und nun tat dies wieder fuer die ersten paar Minuten weh. Ach, was fuer ein Mist. Ich werde alt.

In Richtung Norden waren dann alsbald auch wieder richtige Berge zu sehen und ich war erleichtert. So einen Wanderweg durch das Englische Teletubbieland wuerde ich nicht lange aushalten, auch wenn man dabei sehr schnell viele Meilen hinlegen kann.

Ich bin auch schon auf den Kompass gespannt. Ich werde in ein paar Tagen oder Wochen die 45 Grad Latitude ueberqueren und stelle mir schon die Frage, ob der Kompass dann Norden wieder mit dem roten Ende der Nadel anzeigt oder nicht.

Heute hielt ich auch die ganze Zeit nach moeglichen Campsites Ausschau. Mir gefiel die Idee, irgendwo sein Zelt aufzuschlagen, auch wenn es dort keine Campsite vorher gab. Ich werde davon in Zukunft wohl oefters Gebrauch machen. Das mit Dr. Hund hat mir sehr gut gefallen.

Der Weg verlief weiter in der Naehe von einem Bergruecken entlang bergab, kreuzte hier und da auch mal eine Schotterstrasse und dann sah ich sogar noch einen See ganz in der Naehe. Allerdings verlief der PCT nur in einem gewissen Abstand an diesem vorbei. Unten auf Seehoehe angekommen verlief der Weg dann auch noch auf einer richtigen Strasse weiter, aber wohl hauptsaechlich um den Fluss auf der Autobruecke zu ueberqueren.

Schon frueher als sonst gab es heute eine kleine Pause, naemlich schon nach 8 Meilen. An dieser Stelle, direkt neben der Strasse, plauschte auch schon jemand mit anderen PCT Hikern. Er war auch wieder mal sehr beeindruckt davon, dass man von Mexiko bis hierher laufen kann. Ich plauderte auch noch ein bisschen mit ihm. Alle wundern sich, wie man sich soviel Zeit nehmen kann und irgendwie habe ich das Gefuehl, dass alle die im Arbeitsalter sind ihren Job einfach hingeschmissen haben. Genau diese Antwort bekam ich naemlich von fast jedem den ich bisher danach gefragt hatte. Die Pause selbst war wirklich noetig: Irgendwie muss ich ja die ganzen Tortilla Wraps, die Wurst und den Kaese wegbekommen und jetzt verputzte ich noch die Haelfte davon. Genauso wie diese Muesliriegel.

Schon ging's weiter. Nach dem Abstieg ging's nun gemuetlich etwas weiter hoch und der Wanderweg verlief nun wieder entlang von teils steil abfallenden Haengen und durch Geroell. Ach wie schoen das auf einmal wieder ist. Dann wieder runter, und schon wieder hoch aufsteigend und schon war ich an dem Punkt angelangt, an dem der PCT bis nach Sierra nur noch abfallen sollte, jedenfalls bis auf ein paar kleine Ausnahmen.

Statt nun ueber gruene Haenge abzufuehren, war hier doch alles sehr, sehr steinig. In vielen Kehren zog sich der Wanderweg bergab und an einer Quelle vorbei, welche ich links liegen liess. Ich wollte noch weiter bis zur Campsite mit Wasser weiter unten. Dort angekommen war ich nicht schlecht erstaunt. Hier gab's sogar eine kleine Sitzbank! Was fuer ein Luxus ist das denn? Hier pausierte ich dann schon wieder. Weitere ca. 7 Meilen waren erledigt und damit gab es nicht mehr viel zu laufen. Nun glaubte der Rest der Nahrung daran. Auch alle Snickers wurden nun verputzt. In Sierra bekomme ich davon ja Nachschub, z.B. ueber das Paeckchen, dachte ich mir....

Der weitere Weg fuehrte nun dem kleinen Fluesschen entlang. Jedes mal wenn dieser zu queren war, gab es eine Bruecke. Ich glaube nun wirklich, dass ich meine Sandalen nicht mehr zu Flussueberquerungen anziehen muss.

Dann hoerte ich auf einmal Schuesse. Schiesst hier etwa jemand auf PCT Hiker?! Aber das kam dann doch von weiter oben in den Bergen und der Hall verteilte sich nur in diesem kleinen Tal.

Desto weiter ich abstieg, desto heisser wurde es auch. Ich war wieder ueber jedes Lueftchen froh was wehte. Es war zwar nicht so heiss wie in der Wueste, aber dennoch reichte es aus, um mich ordentlich in's schwitzen zu bringen.

Vor mir sah ich dann auch schon einen grossen Berg, den Sierra Buttes. Dieser beeindruckte mich sehr, da dort hoch der PCT weiter verlaufen wird. Der Berg hatte an seinem oberen Teil Geroellhalden und dann einen Top-Bereich welcher vermutlich sehr schwer zu besteigen ist. Aber soweit verlaeuft der PCT ja nicht nach oben.

Noch ein knackiger ganz kurzer Aufstieg, eine Bruecke ueber einen reissenden Fluss und schon war ich auf dem Highway. Die 20 Meilen waren fuer heute fertig. Nun lief ich den Highway weiter bergab nach Sierra City. Es waren zum Glueck nur 1.5 Meilen. Niemand wollte mich per Anhalter mitnehmen. Ich sah aber auch von oben bis unten einfach nur komplett verdreckt aus. Da der Strassenhatsch schon sehr langweilig war, hoerte ich zur Aufmunterung Richard Cheese.

Nun war ich endlich in Sierra City angekommen. Ich lief gleich zum lokalen Supermarkt und suchte nach meinem Paket was angekommen sein muesste. Doch nichts war hier. Gar nichts. Was ist denn hier schief gelaufen? Ueber das WIFI konnte ich dann herausfinden, dass mein Paket noch in der Verteilstation in Nevada ist. Ja was fuer ein verdammter Mist!!! Da sind die weiteren Wanderkarten drin! Wie soll ich denn jetzt weiterkommen? Bis morgen Abend wollte ich hier nicht ausharren.

OK. Es musste ein Plan her. Zuerst einmal aber einen Burger bestellen und zwar den "Gut Buster", den groessten Burger den die hier anbieten. Ich frass diesen wirklich wie ein Schwein, weil ich es unglaublich eilig hatte. 10 Minuten nachdem ich den Burger serviert bekommen hatte, schloss der Laden naemlich. Ich checkte noch wie lange es nach Belden ist. Ca. 4 Tage. OK. Zuerst pluenderte ich alles aus der Hikerbox was ich brauchen konnte. Nissan noodles und Schokomilch. Dann kaufte ich Vorraete ein. Fruehstueck, Mittagessen und Abendessen. Dann noch 3 Dosen Bier zur augenblicklichen Aufheiterung. Alles in allem kostete das 110 Dollar. Wow! Was fuer ein stolzer Preis. Zu allem Ueberfluss hat jetzt auch noch meine Debitkarte nicht funktioniert. Damit hatte ich vor ein paar Tagen schon Probleme wg. einem Missbrauch meiner Karte im Ausland. Vllt. ist die nun gesperrt?

Vor der Tuer packelte ich dann alles in meinen Baerencontainer oder in Tueten. Alles passte nicht in den Container. Ich kaufte mal wieder jede Menge Futter um nicht hungern zu muessen. Dabei hoerte ich auch, wie andere PCT Hiker ueber's aufgeben sprachen. Eine andere meinte, dass sie ja einfach bestimmte Sektionen ueberspringen koennte. Daheim wuerde sie ja immer noch sagen koennen, dass sie den PCT gewandert ist und das wuerde ja auch niemand mitbekommen? Bitte? Wie? Schaemt sich die denn ueberhaupt nicht so zu luegen? Es ist ja ganz genau die grosse Herausforderung fuer so lange Zeit den PCT zu wandern. Die physische Anstrengung ist nicht der wirkliche Grund, warum viele den PCT mittendrin beenden sondern die psychische Belastung durch die Laenge des PCT. Aber die redet sich alles schoen und bescheisst auch noch. Das ist einfach nur noch dreist und jetzt ist mir auch klar, dass die Zahlen ueber die PCT thru-hiker wohl auch nicht stimmen.

Eine Tafel Schokolade war schon fast geschmolzen und ich legte diese noch schnell in das Gefrierfach vor der Tuer des Supermarktes. Als ich 15 Minuten spaeter zurueck kam, war das Fach leider abgesperrt. Adios Schokolade!

Nun galt es mich noch wieder zum Menschen umzutransformieren. Es gab in der oeffentlichen Toilette auch eine kalte Dusche die sich als gar nicht ganz so bitter kalt herausgestellt hat. Meine Klamotten wusch ich auch noch mit der Handwaesche. Eine Stunde gab ich mir hier noch, dann wollte ich wieder los. Das reichte auch aus um die Klamotten groesstenteils zu trocknen. Nur die Socken waren noch etwas nass.

Ich hatte wahnsinniges Glueck als 5 Minuten bevor ich los wollte eine Frau eine andere Gruppe Hiker aus dem Auto lies. Ich fragte sie, ob sie wieder in die andere Richtung fahre und ich mit kommen kann. Ja! Perfekt. Ich packte meinen Rucksack in's Auto und schon ging's los. Diese 1.5 Meilen musste ich nicht wieder zurueck laufen.

Es war schon nach 6 Uhr und es stand mir ein langer Aufstieg bevor, naemlich 1000 HM wenn ich das komplett durchziehe und auch noch 7 Meilen. Ich war ziemlich grantig, dass das Paeckchen nicht angekommen ist. USPS hat eigentlich gesagt, dass es am Samstag ankommen soll, aber da ist wohl irgendetwas gewaltig schief gelaufen. Zwischendrin tankte ich noch einen Liter von der "Switchback" Quelle auf. In der Abendsonne lief ich eilig die vielen Kehren hoch und dann fuehrte der Weg leicht aufsteigend die Bergseite weiter entlang. Dabei sah ich auch Sierra City von oben, also eigentlich sollte man lieber sagen Sierra Village.

Gute zwei Stunden spaeter kam ich dann an der Kreuzung mit einer Strasse an wo ich mir einen Zeltplatz erhofft hatte. Da war zumindest auch schon ein Zelt aufgeschlagen und der Platz taugte mir nicht so ganz. Ich probierte noch ein paar Minuten weiter zur Quelle zu laufen. Vllt. finde ich da noch etwas schoenes.

Hinein ging es in einen sehr dunklen Wald und kurz vor der Quelle machte ich eine ganz kleine Campsite aus. Perfekt! Die nehme ich. Ich lief noch schnell zur Quelle weiter, holte Wasser und baute dann mein Zelt auf.

Heute Abend hatte ich nicht soviel Hunger. Es gab nur Bagles mit Nutella sowie einmal cold-soaked Nissan noodles. Eine 65 alte Frau namens "Isotope" kam dann auch noch vorbei. Diese hatte ich schon beim Aufstieg ueberholt und wunderte mich, was sie hier noch machte. Ich lud sie zu mir auf die Campsite ein und nun Cowboycampt sie hier. Ein kleines Lagerfeuer gab's auch noch. Einfach schoen.

Nun ist es schon halb nach 11 Uhr. Zeit zum Bett gehen. Ich hoffe, dass meine Unterstuetzung aus Boudler mein Paket weiter nach Belden weiterleiten kann. Ansonsten habe ich ein ernstes Problem wg. den fehlenden Karten. Zur Not muessen es aber halt die Karten in meinem Handy tun.