Tag 29: Kennedy Meadows, 1/4 geschafft

2018-06-16: Rockhouse Basin Campsite → Kennedy Meadows


In der Nacht bekam ich bis 1 Uhr Nachts kein Auge zu. Wenn ich etwas hoerte dachte ich immer gleich an die Baeren. Aber letztendlich kam nichts zu der Campsite und ich wachte irgendwann wohl gegen 4 Uhr morgens auf und bin wieder eingeschlummert. Als das Tageslicht mein Zelt erleuchtete war mir das auch egal, ich drehte ich um und doeste noch etwas weiter.

Die Nacht an sich war erstaunlich kalt. Ich war froh meinen dicken Daunenschlafsack zu haben. Aus irgendeinem Grund stinkt dieser auch nicht mehr, oder ich rieche das auch nicht mehr :-).

Auf jeden Fall brauche ich den dickeren Schlafsack jetzt sowieso fuer die Sierra. Vllt.war das nur der Vorbote von dem deutlich kuehlerem Gebiet. Aber das bedeutet auch, dass der Morgen deutlich kuehler wird wie es auch an diesem Morgen der Fall war. Dann bedeutet das auch noch, dass ich mit mehr Regen zu rechnen habe. Nicht jeder Tag wird so sonnig sein wie die Tage im letzten Monat.

Erst um 6:30 bin ich aufgestanden. Als ich mich aufrichtete sah ich viele kleine Sachen vor mir herumschwirren und dachte erst mal an Ameisen. Das war aber nicht der Fall. Meine Augen oder mein Gehirn oder beides spielten mir einfach nur einen Streich. Das Zelt war noch Ameisen sicher. Gemuetlich machte ich mich an's zusammen packeln. Der Baerenkontainer stand auch noch wie vorher weshalb ich Schlussfolgern konnte, dass mit hoher Warscheinlichkeit auch kein Baer zu Besuch war. Das Zahnputzzeug und den Muell in meinem Container brachte ich dem Asiaten zurueck der noch fest schlief. Diesem bot ich gestern an, dass er sein Zeug bei mir in die Baerbox packen kann.

Das war alles in allem ein sehr gemuetlicher Tag. Um 7:15 war Abmarsch. Ich hatte es heute ueberhaupt nicht eilig. Vor mir lag erst mal ein Hatsch durch ein langes und weites Tag. In diesem standen riesige Steine bei denen mir das Wahrscheinlichste erschien, dass irgendein Riese sie dorthin gepackt und gestapelt hat.... wenn es Riesen geben wuerde.

Der Weg verlief dann durch einen etwas engeren Bereich mit Huegeln links und rechts durch dessen Tal sich ein Fluss schlaengelte. Ein Fluss!!!! Viel Wasser!!! Unglaublich viel Wasser!!! Ich bin einfach nur ueber gluecklich ueber soviel Wasser. Auf dem Weg hierher hielt ich auch Ausschau nach den Baeren, aber ohne Erfolg. Ich ueberlegte mir auch wie ich mich verhalten wuerde, wenn ich nicht schon vorher einigen Baeren ueber den Weg gelaufen waere. Dann haette ich mich wohl auch wie die anderen 3 verhalten die den Zeltplatz verlassen haben.

Der Weg wurde jetzt unerwartet huegeliger, machte ein paar HM auf und ab was ich aus der Karte nicht erwartet haette. Dann sah ich auf dem Boden die 700 Meilen angeschrieben. 700 ist eine besondere Zahl, da damit ueber 1/4 der Strecke fertig sind. Also zumindest hoffe ich das. Die genaue Meilenzahl kenne ich nicht :-D.

In der Ferne konnte ich auch schon bald Wohnmobile und anderen kleine Haeuschen erkennen. Oh mein Gott! Das ist das erste Mal seit 1 Woche, dass ich in meiner Naehe ein Stueck Zivilisation habe! Und ich wusste auch, dass ich bald im Kennedy Meadows General Store sein werde. Cola, Bier und Burger rufen schon nach mir!!!

Die Strasse konnte ich auch schon in der Ferne erkennen und .... schwupps, war ich schon dort. Was nun? Weiterwandern auf dem PCT 2 Meilen zum offiziellen Campingplatz oder direkt zum "General Store" der nur 1/2 Meile entfernt war, dafuer auf der Strasse? Strasse!!! Aeh, Cola, Burger und Bier natuerlich! Der schnellste Weg dorthin.

Auf dem kurzen Strassen Hatsch schaute ich auch meine Wanderstecken an. Bei einem war eine der Spitze nach innen verschoben. Des weiteren sollten die Teller ja eine Woelbung haben was aber auch nicht mehr der Fall war. Wg. dem ganzen Gehatsche auf heissem Sand und der starken Unterstuetzung durch die Wanderstecken haben diese sich wohl verbogen und waren jetzt einfach nur noch Flach.

10 Minuten spaeter sah ich auch schon das Schild "General Store" und als ich dort ankam, applaudierten ploetzlich andere Wanderer. Was ist denn das fuer ein Schmarrn? Ich ignorierte das einfach in Verwunderung ob mir das tatsaechlich gelten sollte.

Nun bin ich tatsaechlich hier. 1/4 der Strecke ist geschafft. Es sind 2659 Meilen wie ich gerade nachgeschaut hatte. Das bedeutet auch, dass es jetzt deutlich schneller Richtung Norden gehen wird.

Bei dem "General Store" holte ich mir erst mal einen Sixpack Heinecken. Das war das beste Lager was es hier gab. Dann noch 3 Cola. Das ist meine Rehydrierungsstrategie ;-). Eine Zigarette erschnorrte ich mir auch noch. Wobei die wie schon die letzte wirklich nicht mehr so toll schmeckte. Da ich vor 11 Uhr ankam, musste ich auch noch ein bisschen auf die Eroeffnung des "Restaurants" warten. Das war eigentlich kein Restaurant sondern einfach ein offener Grill welcher Burger und Wuerstchen anbot. Als ich meinen Burger bekam und das Essen anfing fiel mir auch auf, dass meine Haende noch komplett verdreckt waren. Das haette mich vor einem Monat noch absolut gestoert, aber jetzt war mir das alles egal. Mit Genuss schnappte ich mir den Burger mit den verdreckten Haenden, mit schwarzem Zeug unter den Fingernaegeln, und biss genuesslich zu.

Als ich so herum sass wurde mir erst bewusst, wie viele Wanderer auf dem PCT unterwegs waren. Dass es mehr als am Anfang von meiner Wanderung waren, war mir schon klar, aber es waren sicherlich ca. 40 Wanderer die heute hier angekommen sind. Stellt sich nur die Frage, wie viele Section-Hiker mit dabei waren. Gestern wollte mir doch tatsaechlich so ein Section-Hiker Ratschlaege geben. So ein Grattler!

Nun fand wieder das Standardprogramm statt: Zuerst Zelt aufbauen, dann Duschen. Die Dusche kostete $4 und war wirklich laecherlich. Einfach ein Bretterkonstrukt und das Wasser war auch eher kalt als warm und auch noch ein laecherlicher kleiner Strahl. Fuer das Geld haette ich mehr erwartet. Gleiches mit der Waschmaschine. Da gab es 2 Maschinen fuer die ganzen Wanderer. Das ist wirklich laecherlich wenig und ein Waschgang dauerte auch noch eine Stunde. Ein anderer Wanderer war so nett und steckte mein Zeug zusammen mit seinem in die Maschine.

Meine zwei Resupply Packages sind auch angekommen und ich konnte wieder meinen ganzen Vorrat auffuellen. Eine von den 2 Packungen Spaghetti musterte ich gleich aus. 3 Dosen Tomatenmark auf 1 Packung reicht voellig aus. Das sind locker 1 kg und ich werde das mal wieder als erstes verputzen. Ich kann danach diese Spaghetti sicherlich nicht mehr sehen. Spaghetti ala Mama schmecken schon besser ;-). Leider weiss ich aber schon, dass ich mir diesen Frass auch schon in dem naechsten Resupply-package zugeschickt habe. Na dann, frohes wuergen!

Die Toiletten hier waren der absolute Graus. Die haben einfach 3 Dixi Klos zum Scheissen hingestellt (anders kann man's schon nicht sagen), haben diese aber wohl seit Wochen nicht ausgeleert. Die Scheisse ist wirklich bis oben zum Toilettenrand hoch geschissen und dass bei allen 3 Toiletten. Nicht einmal Klopapier gab es hier. So eine Frechheit. Geld mit den Wanderern machen und dann so ein Mist. Ich beschloss einfach die Damentoilette zu benutzen die eine eigene Toilettenschuessel hatte und siehe da..... es gab hier sogar Klopapier. Die dedizierte Herrentoilette hatte nur ein Pissoir. Einfach eine Frechheit so was. Ich war aber auch nicht der einzige Kerl der die Damentoilette nutzte. Das scheint hier der Normalfall zu sein.

Nachdem das alles erledigt war, ging's weiter per Truck (Yeeeeah! Per Anhalter fahren!!!) fuer 3 Meilen zum "Grumpy Bear". Da sollte auch ein Wanderladen sein, allerdings hatte dieser jetzt schon geschlossen. Verdammt! Woher sollte ich jetzt neue Socken bekommen? Morgen ist auch noch Sonntag! Naja, egal. Dann nehme ich halt die anderen Socken her und hole mir wo anders irgendwelche anderen Socken. Ist ja nicht das erste mal, dass das schief geht und ich nur mit einem Paar socken Wandern gehe.

Vom Grumpy Bear haette ich etwas mehr erwartet. Das sah fuer mich eher wie ein heruntergekommener Schuppen aus der Bier ausschenkte und grosse Burger und Pizza anbot. Die hatten auch ein gutes Internet, allerdings musste man dafuer bezahlen. Als es auf 6 Uhr abends zu ging bestellte ich mir dann noch eine sehr leckere und knusprige Pizza.

Jetzt stellt sich mir noch die Frage, was ich morgen machen sollte. Irgendwie habe ich ueberhaupt keine Lust hier lange abzuhaengen. Hier gibt es auch ueberhaupt nichts zu tun.

Ich finde die Zusammensetzung der Wanderer interessant. Es sind entweder sehr junge Wanderer zwischen 18 und 25, oder eher aeltere zwischen 55 und 65, aber keine in meinem Alter. Scheint so, als ob jeder in meinem Alter arbeiten muss ;-).

An der Bar hat auch jemand zwei Packungen Ramen Noodles und Kartoffelpueree vergessen. Das lag hier schon seit Stunden herum und ich habe mich dessen angenommen. Ich habe ganz vergessen, Kartoffelpueree einzukaufen. Das wird eine extra Schlemmermahlzeit fuer mich! Das Essen fuer die naechsten 9 Tage ist jetzt auch fix. Es gibt keine Moeglichkeit mehr, etwas daran zu aendern. Das erinnert mich an Familien welche Stunden vom naechsten Supermarkt entfernt wohnen und ganz genau planen muessen, was sie einkaufen werden. Eine Sonnencreme ohne Besitzer lag hier auch noch herum auf irgendeinem Fenstersims. Passt, so eine habe ich auch wieder gebraucht.

Am Zeltplatz fand ich auch noch einen Hering fuer's Zelt der genau so aussah wie einer von meinen Heringen. Ich hatte vor 2 Jahren einen verloren und jetzt bekomme ich ihn wieder zurueck. Einfach wunderbar :-D

Noch ein paar Kleinigkeiten: Der Anti-Cafe stick landete auch in der Hikerbox. Mein Wanderhut sah nach dem Waschganz zerfetzter aus. Der haelt noch vllt. 5 Waschgaenge aus. An meinem Zeher mit dem Riss hat sich an einer Stelle eine dicke blutunterlaufene Hornhautschicht gebildet. Diese schnitt ich einfach mal weg, da diese bei jedem Druck relativ weh tut. Hoffentlich mache ich es damit nicht noch schlimmer.

Eine Gruppe Wanderer war ganz besonders gluecklich als ich die eine Flasche Whisky verschenkt hatte. Die meisten feierten diesen Abend ausgiebig mit viel Alkohol und nahmen sich auch einen oder mehrere Tage frei. Die freuten sich hoellisch darueber und fingen gleich an diesen zu trinken. So einfach kann man Freude machen :-).

Jetzt noch etwas ueber Ameisen. Auf den letzten Meilen nach Kennedy Meadows dachte ich mal wieder ueber dieses und jenes nach. Die Ameisen und dass ich diese begraben habe gaben mir zu denken. Wir Menschen geben uns ja alle Muehe uns von den Tieren abzugrenzen. Eine dieser Abgrenzungen ist der bekannte Spruch "Ich denke, also bin ich", was man auch so interpretieren kann, dass man sich selbst ueber seine Existenz bewusst ist. Das sind Ameisen wohl nicht, da diese einfach nur sau doof sind. Diese sind sich aber auch nicht im klaren darueber, was wir ueber sie wissen und dass wir weiter in der Evolution sind als sie. Gleiches koennte man sich nun ueber die Menschen fragen. Waeren wir ueberhaupt im Stande, etwas was weiter fortgeschritten waere wahrzunehmen oder zu begreifen?

Damit endet auch schon das erste Viertel des PCT. Eigentlich wollte ich noch etwas ueber Highlights vom ersten Viertel schreiben, aber dafuer bleibt keine Zeit. Alles ist dafuer geplant, dass ich morgen gleich weiterlaufen werde.