Tag 28: Die letzten Hoehenmeter vor dem gelobten Land

2018-06-15: Campsite → Rockhouse Basin Campsite


Geschaetzte Strecke: 27 Meilen

Um 5:20 war aufstehen angesagt. Nicht weil der Wecker klingelte, sondern wg. meiner inneren Uhr. Die steifen Socken musste ich erst ein bisschen weich klopfen. Das mache ich schon seit Tagen sodass diese nicht ganz so steif beim Drueberziehen sind. Ich bin mittlerweile sehr froh, dass ich in der Hauptgruppe der Wanderer angekommen bin. Hier haben viele den Anspruch und auch die Ausdauer um tatsaechlich bis nach Kanada durchzuwandern.

Zuerst stand ein kleiner Aufstieg von vllt. 250 HM an. Der war in der Morgensonne ueberhaupt kein Problem und schon ging's wieder bergab. Nach etwas mehr als einer Stunde erreichte ich dann den Spanish Needle Creek. Das war eher ein Rinnsaal als ein "Creek", reichte aber um meine Wasservorraete aufzufuellen. Gestern Abend beschloss ich naemlich auch noch spontan den Liter Wasser der eigentlich als Reserve dient einfach zu trinken. Meine Wasserpumpe wollte nicht so wirklich und spuckt nicht mehr soviel Wasser aus. Doch dazu noch spaeter mehr... Das Wasser aus dem Spanish Needle Creek war auf jeden Fall super erfrischend! Das Beste Wasser seit Tagen!

Beim Weiterwandern machte ich mir auch Gedanken ueber meine Schulter. Normalerweise bekomme ich dort viele kleine Pickel. Aufgrund einer Creme die ich seit der letzten Weitwanderung verwende aber nicht mehr. Die letzten Tage habe ich diese aber nur 1x verwendet und es sieht alles immer noch gut aus. Ist evtl. das haeufige Waschen und Duschen bei den vorherigen Wanderungen der Grund dafuer, warum ich diese Pickel bekommen habe? Vllt. sollte ich mich einfach weniger waschen! Das sagen ja auch die Dermatologen.

Die Gedanken an Cola und Bier und viel Essen nehmen mehr und mehr zu. Das ist die reinste Vorfreude auf Kennedy Meadows. Ich bin bereits gespannt, was dort neben einer Duschen und einem Einkaufsladen geboten wird.

Der Wanderweg zog sich nun wieder 600 HM nach oben und verlief wunderbar unter Baeumen. Hoffentlich haelt das auch so an! Der Aufstieg lief wieder mal wie in Trance. Kehre um Kehre hatschte ich einfach so vor mich hin, dann ging's ueber einen Pass, dann noch hoeher. Dann hatte ich erneut einen wunderschoenen Blick ueber eine Wuestenlandschaft. Vllt. sollte ich mich schon mal daran gewoehnen? Oben bei Lake Tahoe ist ja auch alles auf der einen Seite eine Wuestenlandschaft und davor auch.

Nun stand ein sehr langer Abstieg bevor. Alle HM die ich zuvor gemacht habe, wurden nun wieder zunichte gemacht. Schon wieder... wie schon die ganzen Male zuvor. Es scheint hier keinen einzigen Hoehenweg zu geben der einen tagelang auf aehnlicher Hoehe belaesst so wie in den Alpen. Unten im Tal angekommen ueberquerte ich erst mal den Matsch der ein Fluss sein sollte um dann eine Minute spaeter am Boden ein H2O mit Aesten auf dem Boden zu sehen. Diesem kleinen Trampelpfad folgte ich und sah sogleich einen richtigen Fluss und Schatten unter einen Baum. Prima, hier mache ich Pause.

Ich versuchte zuerst mit der Handpumpe etwas Wasser zu filtern was ich schnell aufgab, da meine Handpumpe kaputt zu sein scheint. Schon seit Tagen funktioniert diese nicht mehr wirklich richtig gut. Dann stellte ich fest, dass das Element mit dem Rueckschlagventil nicht mehr richtig schloss. Ja was fuer ein Mist! Ich fing erst mal das Kochen an. Schliesslich wollte ich kein Essen mit nach Kennedy Meadows mitnehmen. Eine Portion Fettuchini wurden es dann von der Firma Maggi. Schmeckte eigentlich auch ganz gut so wie alles was ich hier esse. Der Hunger treibt wirklich alles rein. Dann stiess so ein seltsamer Kerl dazu, der behauptete in der Wettervorhersage zu arbeiten. Da sprach er ueber Gitter und aehnliches, aber als ich ihn nach Details fragte, stellte es sich heraus, dass er nur die Texte z.B. an die Flughaefen liefert, aber selbst nicht viel Ahnung von der Wettervorhersage hat.

Nun machte ich mich auch daran, die Wasserpumpe zu reparieren. Es stellte sich heraus, dass der Schraubverschluss nicht tief genug ging um die Gummidichtung abzuschliessen. Also nahm ich einfach etwas Plastik von dem Verschluss ab und schon dichtete es gut ab. Was fuer ein Mist. Das ist ein reiner Designfehler.

Jetzt hatte ich die Qual der Wahl: Weiterlaufen oder hier bleiben. Zu Kennedy Meadows waren es noch mehr als 20 Meilen, aber die ersten 10 koennte ich noch laufen oder einen Teil davon. Meine groesseren Sorgen waren, dass es noch 900 HM Aufstieg waren die nicht so ganz ohne waren. Ich hatte ja schon 800 HM hinter mir. Aber was soll's. Ich will morgen unbedingt schon Mittags in Kennedy Meadows sein. Also raffte ich mich wieder auf und machte mich auf den Weg.

Ich gruebelte auch darueber nach, ob sich ein Zero-day wirklich rentieren wird. Aus meiner Erfahrung machen solche Erholungstage keinen Unterschied. Die Muskeln und Knochen spuert man einen Tag darauf genauso wie ohne Erholungstag.

Der Weg stieg angenehm an und ich hatschte wieder in einer monotonen Weise hoeher und hoeher. Zuerst gab es noch Baeume, doch dann war auf einmal wieder alles abgefackelt. Hier hat wohl auch vor ein paar Jahren ein Feuer gewuetet. Heiss war es aber trotzdem nicht, da auch der Wind ordentlich blies. Ich glaube aber auch nicht, dass es sonst heiss gewesen waere. Alles um mich herum war schliesslich kein Sand sondern war gut bewachsen.

Am obersten Punkt angekommen machte ich dann eine Pause und blickte mir einfach nur die Bergshilouette an in Richtung Norden. Ja, das sieht schon eher nach richtigen Bergen aus. Hier und dort gab es auch noch ein bisschen Schnee wenn ich das richtig sehen konnte. Dann lief wieder einer der schnell wandernden an mir vorbei der dann doch wieder nur eine laengere Pause machen wird. Allerdings schaute er sich erst gar nicht die Berge an als ich ihn darauf ansprach, sondern lief einfach weiter bergab. Tja, was fuer eine verschwendete Wanderung.

Bald machte ich mich auch an den Abstieg der die gleiche Wegstrecke hatte wie der Aufstieg. Eine kleinere Pause machte ich auch noch dazwischen, da mir die Fuesse schon wieder sehr weh taten. Unten im Tal angekommen sah ich auch schon wieder die 3-er Gruppe basierend aus den zwei schnell laufenden Kerlen und dem Maedel die direkt neben dem Flussbett zelten. Bzw. Zelten wollten...

Ich machte mich daran, mein Zelt aufzubauen und zu kochen. Heute gab es die letzte gefriergetrocknete Packung in der sich leckeres "Chilly & Mac" befand. Dazu noch bissl Schokomilch.

Als ich mein Zelt aufgebaut hatte (meinen Palast!) und alles darin schoen kuschelig hergerichtet war sah ich dann auf einmal doch Ameisen neben mir. Dann musste ich auch noch feststellen, dass ca. 1 Meter neben meinem Zelt der Ausgang von einem Ameisenhaufen ist. Was fuer eine verdammte Scheisse! Was nun? Wie werde ich denn diese Viecher los. Die ziehen ja normalerweise immer in einem kleinen Winkel genau in eine Richtung. Was waere nun, wenn das heute genau die Richtung von meinem Zelt waere? Tja, da muss kurzer Prozess gemacht werden. Ich hob einen sehr schweren Stein hoch und schmiss ihn auf den Ausgang. Dann war da noch ein zweiter Ausgang was eines zweiten Stein bedurfte. Hm... was nun, wenn die Ameisen sich seitlich leicht durch buddeln? Da half nur, alles mit ganz ganz viel Sand zuzudecken. So waren die Ameisen auch gut begraben. Das duerfte ein paar Stunden dauern bis die sich wieder ausgebuddelt haben und bis dahin bin ich hoffentlich wieder weg - hoffte ich zumindest. Naja, mal schauen was am Morgen los ist.

Als ich dann in mein Zelt ging und vor mich hindoeste hoerte ich dann ploetzlich laute Rufe. Einer davon beinhaltete das Wort "Bear", also Baer. Tja, da ist gerade ein Mamabaer mit 2 Kindern vorbei gelaufen und die 3-er Gruppe ist gleich ausgeflippt. Heute wollen die hier nicht mehr uebernachten. Die zogen nun weiter. Dem anderen Asiaten dem der Baer genauso egal ist wie mir habe ich angeboten sein Zeug (Zahnpasta und Essensreste) in meine Baerbox zu tun was er auch angenommen hat. Also ehrlich gesagt ist mir das nicht total egal, aber ich werde so viele Baeren um mich im kommenden Monat herum haben, dass dieser Baer heute auch keinen Rolle mehr spielt. Wird schon gut gehen ;-).

Bei den vorherigen Wanderungen hatte ich abends immer einen Tisch zur Verfuegung um an meinem Tagebuch zu schreiben. Hier wird alles etwas komplizierter. Ich liege hier auf meiner Thermarest Matte auf dem Bauch, habe mein improvisiertes Kopfkissen unter meinem Brustkorb und dem Hals und tippe dann so vor mir her. Das ist die angenehmste Haltung nach dem laengeren Wandertag.

Ich ueberlege mir auch, ob ich nach einem Monat das Wandern aufhoeren sollte. Dann ist naemlich der Beste Teil, naemlich die Sierra die jetzt im kommenden Monat kommt, vorbei. Aber das wird sich noch herausstellen.

Jetzt schlafe ich auf jeden Fall erst mal und hoffe, dass mich der Baer nicht frisst :-D.