Tag 26: Wueste, die Fortsetzung

2018-06-13: Landers Meadow Guard Station →


Geschaetzte Strecke: 26 Meilen

Also ich haette mir ja einiges vorstellen koennen, aber die heutige Tour ganz sicher nicht. Gerade sitze ich hinter einem Joshua Baum. Es ist halb 2 und ich beschloss jetzt doch mal eine laengere Pause zu machen.

Aufgestanden bin ich gegen 5:30 und fing an alles zusammenzupackeln. Als Fruehstueck gab es nur die 2 Fruehstueckskekse welche erstaunlich gut sind. Dann machte ich auch noch Verwendung von dem Plumsklo was schon fast bis oben hin voll war! Das ist wahrer Luxus: Eine Badewanne und eine Toilette. An meinem rechten grossen Zeher bildete sich seit 1 Woche auch schon ein Riss in der Haut welcher gestern nach dem Waschen richtig zum Vorschein kam. Da holte ich auch jede Menge Dreck heraus. Diese klebte ich mit einem kleinen Blasenpflaster ab um es sauber und feuchter zu halten. Relativ spaet, erst um 6:30, ging es dann los mit der heutigen Wanderung.

Der erste Teil verlief noch huebsch schattig unter Baeumen mit nur ein bisschen auf und ab. Aber als es dann an den tatsaechlichen Abstieg ueberging, war ich auf einmal wieder in einem Wuestengebuet. Na super. Ich dachte mir, dass das endlich vorbei ist. Aber nichts da. Von jetzt an wurde in der prallen Sonne gewandert.

Ich machte auch noch mit einer neuen Schlange Bekanntschaft. Lt. jemand anders ist das eine "Cornsnake", aber das kann auch falsch sein, so wie die Benennung der "Kingsnake" Schlange als ich diese das erste mal sah.

Der erste Watercache war innerhalb von 2.5 Stunden schnell erreicht. Jetzt rehydrierte ich erst mal. Ganze 1.5 Liter trank ich direkt. Auf dem bisherigen Weg habe ich nur ein paar Schluck genommen. Dann stockte ich den gesamten Wasservorrat den ich im Rucksack hatte auf 5 Liter auf, also das Maximum. Ich wollte bei der heutigen Tour wirklich auf Nummer sicher gehen und nicht vom letzten Tropfen leben so wie gestern.

Der Wind blies von Zeit zu Zeit was das heutige Wandern deutlich angenehmer machte als gestern und vorgestern. Das waren ja wirklich die reinsten Qualen. Wenn der Wind ein bisschen blaest, funktioniert auch meine Klimaanlage besser und ich kann auch in der prallen Sonne wandern.

Der Aufstieg verlief relativ gemuetlich an einem Hang entlang. Oft wanderte ich auf Sand was bedeutete, dass ich deutlich mehr Energie verwenden musste da ich bei jedem Schritt etwas zurueck rutschte. Der Weg schlaengelte sich durch diese Landschaft voll von kleinen Bueschen, Joshua Baeumen und den vielen Viechern die es hier gibt. Ich bin sehr beeindruckt von der Artenvielfalt. Sogar Hasen gibt es hier! Wie die es wohl bei dieser Hitze aushalten koennen.....

Den ersten Teil des Aufstiegs habe ich gemuetlich hinter mich gebracht und ich wurde mit einem Ausblick ueber ein weites Tal belohnt. Jetzt machte ich erst mal eine Pause von 30 Minuten. Die Picknickbank war nicht zu gebrauchen, da diese direkt der Sonne ausgesetzt war. Beim ersten schattigen Plaetzchen setzte ich mich hin und hatte sogleich ein paar kleine feine Stacheln in der Hand. Mist! Nach der Entfernung von diesem Zeug ging's dann zu einem anderen Plaetzchen und ich futterte mal wieder Streichwurst aus der Dose mit Brezeln.

Bereits um 12 bin ich weitergelaufen. Da es windig war, war auch die Hitze kein Problem. Evtl. komme ich heute sogar weiter als geplant was gut fuer die kommenden 3 Tage waere. Der Wind stoppte ab und zu, liess mich aber trotzdem gut weiterkommen. Auf dem Boden sah ich auch eine mit Tannenzapfen geschriebene Information: 1000k. Perfekt! 1000 Kilometer. Nicht schlecht. Damit waere ich schon mal von Muenchen nach Venedig gelaufen ;-).

Nach einer Stunde Wandern beschloss ich dann aber doch eine Pause einzulegen. Die Sonne war einfach zu stark und der Schweiss lief in Stroemen an meinem Gesicht herunter.

Ich machte mir auch noch Gedanken ueber den Wasserscheidenweg und PCT passt vllt. doch ganz gut, da ja der Pazifik die eine Seite der Wasserscheide bezeichnet.

Nun ist es schon Abend und ich bin an meinem finalen Ort angekommen. Tja, was ist bis dahin passiert? Viel! Den vorherigen Text schrieb ich waehrend einer Stunde Pause unter einem der Joshua Baeume. Als ich wieder weiterlaufen wollte und noch vor der Umwandlung in einen Packesel einen Schluck von meiner Trinkblase nehmen wollte musste ich ueberrascht feststellen, dass diese leer ist. Vllt. sollte ich das "bewusst mehr trinken" nicht ganz so bewusst machen. Tja, jetzt kam mein erster Reserveliter zum Zug. Einen weiteren halben Liter hatte ich auch noch in der anderen Flasche.

Der Aufstieg verlief monoton ueber grobkoernigen Sand. Kann man irgendetwas gemeineres fuer einen Wanderer machen? Wegen der unglaublichen Hitze bewegte ich mich vermutlich nur mit 1.5 statt mit 3 Meilen pro Stunde voran. Ich schritt wohl so aehnlich wuerdevoll wie ein Koenig ;-). Mit diesem meditationsartigen Gang war der Aufstieg auch im Nu vorbei. Auf dem Weg hoch kam ich auch bei zwei anderen Wanderern vorbei die sich noch im duerftigen Schatten von anderen Joshua Baeumen aufhielten.

Wie ich schon vor Tagen oder Wochen geschrieben habe, verlaeuft der PCT zum Teil auch auf der San Andreas Spalte. Jetzt wundert mich diesbezueglich nichts mehr, da ja genau dort das Gebirge auf gefaltet wird und dort die Wasserscheide natuerlich entsteht.

Meine Finger waren mittlerweile auch so verdreckt, dass mein Fingerabdruck vom Hand nicht mehr erkannt wird. Die schwarze Farbe von den Griffen meiner Wanderstoecke faerbt auch ab. Ich bin gespannt, wie lange mein Handy noch diese Strapazen mitmachen wird.

Als der Aufstieg von vllt. 300 HM vorbei war, verlief der weitere Weg entlang des Berggrates in Richtung der Funkantennen auf einem Gipfel. Allerdings musste ich gluecklicherweise nicht auf diesen Gipfel sondern der PCT verlief daran vorbei und dann leicht abfallend einen Hang entlang. Bei der ersten Strassenkreuzung suchte ich nach dem Wassercache, doch da war nichts. Shit. Gibt es hier vllt. kein Wasser? Oh, dann muss er bei der naechsten Kreuzung sein.

10 Minuten spaeter traute ich dann meinen Augen nicht. Da lagen ca. 20 PCT Wanderer im Schatten unter den einzigen Baeumen verteilt welche es hier gab. Das war ein Anblick! Erfreulicherweise gab es hier auch einen Wassercache. Das ist wohl der letzte entlegene, den ich noch fuer Suedkalifornien verwenden muss! Als der PCT entstanden ist, gab es hier noch viele Quellen die aktiv waren. Ueber die letzten Jahrzehnte hat sich das aber wohl wg. der Klimaerwaermung sehr stark geaendert. Es gibt mehr und mehr Duerren. Ohne die Trailangels die diesen Wasservorrat immer wieder auffuellen, waere der PCT wohl bald tot oder muesste umgelegt werden. Die Anstrengung einen solchen Wassercache zu betreiben sind immens gross. Gehen wir von bis zu 40 Wanderern am Tag aus die hier vorbei kommen und dass jeder 6 Liter verwendet (5 zum Auffuellen und 1 zum gleich trinken), dann macht das 200 Liter am Tag. Das sind gewaltige Mengen Wasser die Tag fuer Tag bereit gestellt werden muessen.

Nun musste ich ueberlegen was ich noch machen werde. Bleibe ich hier, gammel noch ein bisschen beim Wassercache herum und Zelte auch hier? Nein, ich laufe weiter. Es standen gleich noch ca. 550 HM Anstieg bevor die ich nur ungern morgen Frueh machen wollte. Ausserdem will ich in 3 Tagen in Kennedy Meadows sein und auf diese Weise wird das deutlich einfacher.

Zuerst aber machte ich mir ein 3-Sterne Menu. Ich machte mir "Beef Stroganoff"! Heisses Wasser in Tuete und fertig nach 10 Minuten. Wenn ich das nur schon als Student gewusst haette... das haette mir viel Geschirrspuehlen erspart. Das schmeckte nicht ganz so gut wie die beiden vorherigen gefriergetrockneten Packungen, aber auf jeden Fall gut dafuer, dass es nur 115 Gramm gewogen hat! Mein Essen ueberschaute ich auch kurz und stellte fest, dass es tatsaechlich bis nach Kennedy Meadows reichen wuerde. Neben dem Essen rehydrierte ich mich wieder mit 1.5 Liter Wasser. Das sollte hoffentlich reichen. Meinen Wasservorrat fuellte ich auch auf 5 Liter auf. Damit verbrauchte ich 7 Liter Wasser nur an diesem Ort. Es ist kaum zu glauben, wie viel Wasser ein Mensch braucht.

Um 5 Uhr machte ich mich dann an den Aufstieg. Der Wind blies schoen angenehm und die untergehende Sonne erzeugte auch nicht mehr ausreichend Hitze. In zuerst sehr lang gezogenen Kehren zog sich der Weg den Berg hoch und als ich weiter oben war, hatte ich einen wunderschoenen Blick auf eine Wuestenlandschaft und sah in der Ferne im Neben ein paar Berge. Das muss wohl auch Mt. Powell sein auf dem ich vor 1.5 Wochen oder so aehnlich war. Das wird jetzt auch wirklich das letzte mal sein, dass ich ihn sehen werde. Noch weiter oben erblickte ich dann das, was mich wohl morgen erwartet: Baeume!!! Unglaublich viele Baeume!!!! Ich war einfach nur ueber gluecklich. Heisst das, dass ich den Wuestenhatsch los bin? Aber selbst wenn, dann kommen in 2 Monaten nochmal ein paar Trockenphasen.

Als ich um den Gipfel herum gewandert bin sah ich auch in der Ferne den See "Isabella" bei dessen Staedchen ich haette einkehren koennen wenn ich per Anhalter von dem Pass morgen fahren wuerde, aber mich zerrt es momentan direkt nach Kennedy Meadows. Nur ein paar Minuten machte ich den Abstieg, bis ich "Whirlpool" und ein Paerchen aus England sah und neben diesen viele freie Zeltplaetze. Der Englaender lud mich auch ein, gerne einen der Plaetze zu nehmen und das tat ich dann auch.

Beim Zeltaufbauen kamen dann sogleich Moskitos. Drecksviecher! So schmiss ich nach dem Zeltaufbau gleich alles in mein Zelt und machte den Reisverschluss zu. Was wuerde ich nur ohne dieses Zelt machen? Das war auch ein guter Test fuer die Regentage die ich erwarten muss wenn ich mehr und mehr in den Norden komme. Da wird auch nur schnell das Zelt aufgebaut und der Rest dann direkt im Zelt erledigt.

Ich inspizierte nochmal meine Nahrungsvorraete und siehe da, ich habe deutlich mehr Abendessen als noetig. Auch die Nachmittagssnacks reichen aus und gleiches fuer das Fruehstueck. Ich habe sogar mehr als noetig und das werde ich auch alles bis Kennedy Meadows verputzen! Mein Magen knurrt naemlich gewaltig. Eine Dose Pikante Fleischstuecken gab es so noch fuer mich. Aus einem Liter machte ich mir wieder eine leckere Schokomilch. Fuer manche der absolute Grauss, fuer mich und die anderen PCT Hiker ist das ein Leben wie Gott in Frankreich.

Fuer morgen steht dann bis zum Highway nur ein gemuetlicher Hatsch an. Nur ein kleines bisschen auf und alles im Schatten der Baeume, hoffentlich!