Tag 6: Sehr langer Wandertag

2018-05-24: Warner Springs → Mike's H20 → Almost Tule Springs


24.5 Meilen

Gestern kaufte ich mir ja mal ein paar neue Nahrungsmittel. Mit dabei war eine "Oak Meal" Schleimsuppe, welche dank dem Zusatz von Apfel-Zimt aber ganz gut geschmeckt hat. Dazu goennte ich mir auch eine heisse Schokolade. Seit Anfang an schleppe ich Packungen fuer heisse Schokolade mit und habe noch keine davon angepackt. Lag wohl auch daran, dass ich keinen Topf hatte, aber das hat sich ja jetzt geaendert :-). Ich habe einen Super-Tollen-Exzellents-Topf!!! Also eher Tasse, naja...

Die Fuesse habe ich mir dann auch abgeklebt. Diese 2 Blasen an dem Ballen werden einfach nicht besser und es scheint auch nicht entzuendet zu sein. Also muessen diese einfach mehr stabilisiert werden was ich dann mit dem Tape erledigt habe. Das ging nun vom Ballen durch den Raum von Grossem- und Nebenzeher nach oben hin. Den Trick mit den Fussteilen von den Strumpfhosen kannte ich ja schon von meinen vorherigen Wanderungen. Diese wurden auch dieses mal darueber gezogen um ein verbinden von Tapes und Socken zu verhindern.

Die vierte Dose Bier schaffte ich nicht mehr gestern nach und legte sie auf die Luftmatratze von jemand, von dem ich wusste, dass er heute mittag auch noch hier sein wird und gerne Bier trinken will.

Roadrunner meinte, dass sie heute nicht gleich weiter kann wg. der Verletzung am Fuss. Sie hat sich anscheinend gestern beim Duschen am Fuss verletzt, umgeknickt oder so etwas aehnliches. Im Ernst??!?? Beim Duschen?!?? Sie will heute einen "Nero" machen, d.h. einen Tag bei dem sie sehr wenig wandert. Da die aber nicht umsonst Roadrunner heisst, wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis sie mich wieder eingeholt hat.

Beim loslaufen viel mir mal wieder auf, dass ich schon wieder den Hut vergessen hatte. Naja, dann muss eben wieder mal der alte Wanderhut herhalten. Der hat sogar schon ein Kompliment von einem Maedel erhalten. Ist das der Chicks-Magnet? ;-). Der Morgen war extrem kuehl und der Himmel von Wolken bedeckt. Auf dem PCT war ich gleich wieder und lief erst mal ueber ausgedehnte Felder auf denen auch Kuehe weideten. Es nieselte sogar mal leicht. Wird das vllt. ein Wolkiger Tag? Ach, waere das mal schoen, dachte ich mir!

Ich ueberlegte auch ueber das Gespraechsthema von Roadrunner und mir gestern. Auf der einen Seite bauen sich Menschen ihr eigenes Nest (Heim), um dann zuhause sicher zu sitzen. Auf der anderen Seite gibt es Menschen wie uns, die in die Natur rausgehen und extreme Dinge tun wie z. B. diese Weitwanderung. Die Frage ist, wer mehr davon hat.

Als ich die Strasse ueberquerte und mal zur Seite schaute, erblickte ich einen Coyoten. Suess! Schon von Anfang an hatte ich heute das Gefuehl in Hochform zu sein. Vllt. ist meine alte Kondition schon wieder zurueck? Der Aufstieg machte mir nichts mehr und auch das Tempo war relativ zuegig.

Da ich teilweise ueber eine Woche keinen Zugang zu Strom habe, entschied ich mich ja dafuer, Solarzellen mitzunehmen. Diese sollten dann Zwischendurch einen Akku laden den ich dann wieder fuer meine drei Geraete (Handy, Tastatur, GPS Notsignal) verwenden kann. Soviel zur Theorie. Es hat sich herausgestellt, dass sich er Stecker vom Akku immer wieder selbst loesst wenn ich ihn in's Topcase lege. Das hatte ich gestern schon mal dadurch geloesst, dass ich den Akku in's Seitenfach vom Rucksack getan habe, was aber oft zum gleichen Problem fuehrt. Heute klemmte ich den Akku in einen der Gummizuege beim Brustgurt, was prima klappte. Der Stecker ist dann auch immer in Sicht sowie auch die Ladeanzeige. Das einzige Problem war aber, dass der Akku immer wieder nach einiger Zeit durch den Gummizug durchgerutscht ist. Loesung dafuer war, den Akku oben mit medizinischem Tape zu umwickeln. Das scheint auch die beste Loesung zu sein. Damit kann ich den Akku anscheinend ueber einen Tag voll aufladen, was mehr als genug ist.

Nach ca. einer Stunde gelangte ich dann wieder in eine dieser Oasen welche in dieser ausgeduerrten Gegend einfach unglaublich erscheinen. Alles war wieder gruen und es floss auch ein richtiger Fluss! Links und rechts wuchsen Schattenspendende Baeume. Es gab hier auch unzaehlige Campingplaetze. Das waere der richige Ort gestern gewesen.

Dann traf ich auch Kyle, ueber den ich gestern schon wg. dem resupply Paket geschrieben habe. Dieser nimmt anscheinend notgedrungen alles schon heute mit, statt Sachen voraus zuschicken. Das Problem dabei ist naemlich, dass das Postoffice bereits geschlossen haette, wenn er in ein paar Tage bei diesem ankommt.

Der weitere Weg war immer noch schattig. Immer wieder drueckte ich mit den Wanderstecken Pflanzen weg, welche ueber dem Weg hingen. Da ich mich nicht auskenne, was hier giftig ist und was nicht, gehe ich lieber auf Nummer sicher.

Der Aufstieg verlief relativ schnell. Die Hitze nahm mehr und mehr zu. Als ich in der Naehe der Strasse war, musste ich dass schon mehr als die Haelfte des Aufstieges bewaeltigt war. Dann stand auf einem Schild welches eine Quelle ausweisen sollte "no water". Verdammt. Darauf habe ich mich eigentlich verlassen. Aber zum Glueck habe ich noch etwas mehr dabei als benoetigt, wobei ich jetzt rationieren muss. Aber erst mal Pause. Ich setzte mich unter einen Baum und holte mir aus meinem Baerenkanister (den brauche ich spaeter in Baerengebieten um das Essen vor denen sicher zu halten) italienische Salami, welche ich schon von Anfang an mit mir mitgeschleppt habe. Dazu italienisches trockenes Brot. Ja fein! Lecker! Nach einer halben Stunde wohlverdienter Pause ging es dann weiter.

Es war ca. 11:30 Uhr und die Hitze kam bald auf ihren Hoechststand. Nun lief ich etwas langsamer weiter um auch Wasser zu sparen. Hier und dort bissen mich immer mal wieder Drecks Ameisen welche ich bei der vorherigen Pause mitgenommen habe. Ich ueberlegte mir auch, was ich machen wuerde, wenn die kommende Wasserressource kein Wasser hat. So rationierte ich noch staerker, was auch gefaehrlich sein kann wg. Hitzeschlag.

Ich bin auch dazu ueber, das kalte Wasser aus der Trinkblase im Rucksack in meinem Mund laenger zu halten um dessen Kaelte direkt ueber mein Zahnfleisch und die Zunge absorbieren zu lassen. Zumindest in meinem Kopf meinte ich, dass es geholfen hat. Bald war der hoechste Punkt des Aufstieges erreicht und ich gelangte in eine ganz neue Bergwelt. Auf einmal gab es nur noch gross Feldbrocken. Ich kam mir vor wie in einem anderen Land. Ich bin einfach nur beeindruckt vom PCT. Fast jeden Tag gibt es eine sehr gute Abwechslung. Leider bot diese Gesteinsbrockenlandschaft keine wirkliche Moeglichkeit eine Pause zu machen und wenn es einmal passen wuerde, waren gleich 20 Fliegen die um einen herumsurrten.

Unterwegs dachte ich auch immer wieder an das "Paradise Cafe", an dem ich morgen fast direkt vorbei kommen werde. Diese muessen herrliche Burger haben wie ich von dem Trailangel von gestern erfahren habe. Das ist ein Muss fuer jeden PCT Wanderer.

Bald fuehrte der Weg auch schon wieder aus dieser anderen Berglandschaft heraus und in der Ferne konnte ich eine Strasse sehen welche bedeutete, dass ich bald Klarheit darueber bekommen werde ob es hier Wasser gibt oder nicht. Ca. 1/2 Stunde spaeter sah ich dann in der Ferne ein rotes Schild. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Wenig spaeter dann die klare Aufschrift "Mike's H2O". Perfekt! Das Schild zeigte einen kleinen Trampelpfad an den ich fuer 2 Minuten folgte um dann auf der Strasse zu stehen. Ein weitere Schild empfahl eine abzweigende Strasse weiter zu laufen und dann stand ich auch schon vor einem Wasserturm. Und dieser hatte sogar Wasser! Perfekt. Neben dem Turm lagen auch 2 Rucksaecke und ich vermutete, dass diese Wanderer zu dem Haus runter gegangen sind was sich in der Naehe von dem Wasserturm befand. So ging ich auch mal runter und siehe da: Die bieten Obdach fuer Hiker. Mit dank nahm ich einen Platz im Schatten ein. Die 2 Maedels welche ich gestern bei der Post getroffen hatte, waren auch hier, machten sich aber gleich an's Weiterwandern. Erst mal bekam ich ein Stueck Wassermelone. Dann wurde mir eine Banane angeboten und als ich eine Kleinigkeit gespendet habe, wurde mir gleich eine zweite angeboten. Ja, so kann man's aushalten. Fuer ca. eine Stunde legte ich mich hin und hatte mal wieder Probleme mit den Hueften und dem Steissbein. So richtig entspannen konnte ich mich also nicht. Ausserdem musste ich eine Entscheidung treffen: Weiterwandern oder nicht.

Natuerlich weiterwandern! Es waren ja "nur noch" 10 Meilen. Das packe ich auch noch, dachte ich mir. Dabei ignorierte ich, dass es bereits 5 Uhr war. Als ich zu meinen Rucksack zurueck lief, den ich bei dem Wasserspeicher liess, kam mir auch Kyle entgegen. Der hat also eine Stunde laenger gebraucht als ich. Passt ;-). Er schaute nicht schlecht, als ich sagte, dass ich noch weiter zu "Tule Spring" wollte. Dieses Ziel war so verlockend, da mir "Offtrail" (der stellvertretend fuer Mike da war) Tule Spring in einer Art erklaert hat, sodass ich dort wirklich hin wollte: Tolles Campingplatz, Feuerstelle, Wasser. Was will man mehr? Nach dem Auffuellen des Wassers ging es dann los.

In der Abendsonne verlief das Wandern auch deutlich einfacher als in der brutalen Mittagshitze. So schaffte ich den Aufstieg der ersten 300 HM ohne Probleme, naja.... bis auf den Wolf zwischen den Beinen der jetzt ploetzlich unwahrscheinlich brannte. Da half nix anderes als anhalten und alles durch checken. Die Strumpfhose war mehr und mehr durchloechert und so richtig wusste ich auch nicht, was ich machen sollte. Ausser Bepanthen als Schmiermittel zu verwenden konnte ich das nicht weiter behandeln. Das hat allerdings schon ein bisschen geholfen und nach ein paar Minuten wandern war's dann auch wieder in Ordnung.... oder mein Koerper schaltete das Schmerzsignal ab. Ich lief in hohem Tempo, schliesslich wollte ich vor Einbruch der Dunkelheit bei der Quelle sein. Staendig ging es weiter bergab und in diesem Fall sogar ohne ein immer wieder kommenden auf und dann wieder ab. Die Ausblicke waren wieder einmal wunderschoen. Die Silhouette der begruenten Berge mit steil abfallenden Flanken wurde mehr und mehr in das gelbe Licht der Abendsonne getaucht. Ich hatte auch das Gefuehl, endlich wieder mal richtig frei zu sein. Nichts kuemmert mich... naja... bis auf die Emails die es immer mal wieder zu bearbeiten gab. Nach gut 2.5 Stunden wandern hoerte ich dann jemanden rufen. Ah! Die 2 Maedels von Mike's place haben hier ihr Zelt aufgeschlagen. Nach kurzem Smalltalk wollte ich aber weiter.... und weiter... und weiter... und irgendwann war auch die Sonne hinter den Bergen verschwunden und ich musste mir eines ueberlegen: Am Anfang habe ich mir die Regel aufgestellt, ab 18 Uhr nach einem Zeltplatz zu suchen und jetzt war es schon fast 20 Uhr. Es waren auch noch ca. 1 Stunde zur Quelle. Nein, das wird nichts mehr. Den Entschluss gefasst, das Zelt irgendwo aufzuschlagen lief ich an einem Zelt und weiteren freien Zeltplaetzen vorbei und beschloss dann kurzum schnell mein Zelt aufzuschlagen.

Das war's auch schon mit dem heutigen Wandertag. Das Zelt war im Nu aufgeschlagen, dann kochte ich mir noch eine Packung Nissan Nudeln, da diese am schnellsten zu kochen sind. Dort haute ich noch ein bisschen kleine Beef-Stueckchen rein die ich auch noch gekauft hatte. Zwar nur fuer den Kartoffelbrei, aber jetzt will ich zumindest noch ein paar Fleischamine in der Suppe haben. Beim Hinlegen bemerkte ich, dass mir mal wieder alles weh tut. Die Fuesse, die Hueften. Spaeter auch noch die Knie. Alles zog irgendwie und egal wie ich mich hinlegte, es wurde einfach nicht besser. Tja... Nun probierte ich doch mal "Advil MP" aus, um zumindest diese Nacht ein bisschen besser schlafen zu koennen.