Tag 5: Zurueck in die Zivilisation!

2018-05-23: Water cache → Warner Springs community center


Ca. 20 Meilen.

Die Nacht bekam ich mal wieder sehr wenig Schlaf. Der Wind schuettelte das Zelt nur so durch. Irgendwann habe ich mich dazu entschlossen raus zugehen und die Seile vom Zelt fester zu zurren, was aber schon fast am Limit war. Anscheinend muss ich damit leben, dass mein Zelt beim Wind durchgeschuettelt wird.

Da ich auch auf meinen Wolf achten musste, machte ich auch Gebrauch von dem starken Wind und trocknete meine Unterhose. Wg. der vorherigen Katzenwaesche und den Schweissresten war das auch mal noetig. Es war auch so warm im Zelt (und draussen sehr kalt, dass ich den Schlafsack lediglich als Decke nutzte.

Wieder stand ich um 5:30 Uhr auf. Das scheint meine feste stehauf-Zeit zu werden. Da ist gerade soviel Licht vorhanden um ohne Stirnlampe auszukommen. Aber die Sonne wird bald noch frueher raus kommen. Das Zusammenpackeln und das Spielchen mit dem Spaten brauchte nur 45 Minuten. Dann ging's schon los mit dem heutigen Wandertag.

Die anderen die mit mir neben dem Watercache zelteten schliefen noch tief und fest. Die nehmen alles viel lockerer, haben aber vllt. auch nicht vor bis nach Kanada zu wandern. Sonnencreme legte ich heute nicht auf. Ich wollte mal ausprobieren wie empfindlich meine Haut auf viel Sonneneinstrahlung ist. Der Wanderweg verlief anfangs auf der Sonnen zugewandten Seite. Ich musste zuerst noch 350 HM weiter hoch. Dieser weg schlaengelte sich wieder den Berg entlang, und verlief schliesslich auf der Sonnenabgewandten Seite von dem ich wieder den gestrigen Startpunkt einsehen konnte. Das war dann aber auch das letzten mal. Die Vegetation wurde auch reichlicher. Mehr und mehr grosse Buesche waren zu sehen und es wurde deutlich gruener. Bald ueberholte ich auch jemanden, den ich gestern noch gesehen hatte. Der scheint auch gestern mehr geschafft zu haben. In der Naehe von einem der hoechsten Punkte kam ich auch an der kleine Hoehle vorbei in der vllt. genug Platz war fuer ein kleines Bivak, aber sicher nicht mehr. Nun ging es an den lang gezogenen Abstieg bei dem mir erst mal eine Schlange davon geschlichen ist. Irgend so ein schwarzes Viech mit gelben Streifen auf dem Ruecken. Vllt. eine Stunde spaeter sah ich dann eine andere Schlange die grau schimmerte und deren Schwanz auf dem Weg lag. Als ich diese mit dem Wanderstecken anstuppste hat sich diese zusammengezogen und blieb mitten auf dem Wanderweg liegen! Ja was fuer ein Mistviech. Was soll ich nun machen? Die haut einfach nicht ab. Nach ein bisschen ueberlegen hob ich einen Stein hoch und warf diesen auf die Schlange. Nur maessige Bewegungen... Der zweite Stein verfehlte diese und der dritte war dann ein Volltreffer, bewegte diese aber vllt. nur fuer 5 cm. Dann kam jemand anders, der meinte, dass das nur eine "Kingsnake" ist und diese wohl nicht giftig sei. Ah. Toll. Nur vllt.? Er umging die Schlange dann muehselig wobei er wohl in Bissweite war. Aber die Schlange blieb ruhig. Gleiches machte ich dann auch und war froh das Viech hinter mir zu lassen.

Besonders beeindruckend fand ich es, dass es seit der Strasse gestern lediglich die Abzweigung zu dem Watercache gab. Ansonsten ist der Wanderweg durchgaengig ohne irgendeine einzige Abzweigung. Ich legte heute auch ein gutes Tempo vor um sicher zu stellen, dass ich rechtzeitig beim Postoffice ankommen werde. Schliesslich erhoffte ich mir, dass mein Kochtopf ankommt! Nur macht das Postoffice schon frueh zu und ich wollte morgen frueh gleich wieder weiter. Nach 2 Stunden holte ich dann sogar mit Roadrunner auf! Damit war ich wohl wirklich schnell. Das besondere an dem heutigen Tag war auch, dass ich die 100 Miles Grenze ueberschritten hatte. D.h., dass ich noch 26x diese Strecke zuruecklegen musste um nach Kanada zu kommen.

Nach den ersten 10 Meilen kam ich dann bei der Quelle an. Frisch sprudelndes Wasser nach mehr als 40 Meilen! Hier gab es auch das "Poisson Oak", was kleine Pflanzen sind, welche hoechst aggressiv mit der Haut reagieren.

Noch ware 10 Meilen zu machen und ich wollte wie schon gesagt rechtzeitig zum Post Office. So ging es weiter durch eine komplett andere Landschaft. Alles war deutlich ebener und Baeume gab es hier auch nicht mehr. Bald befand ich mich in einer Landschaft die sehr viel mit den Wild West Filmen gemeinsam hatte: Steppengrass, nur ein bisschen huegelig, alles total ausgetrocknet. Mittlerweile haben sich auch drei weitere Wanderer in die Gruppe mit dazu gesellt. An einem Schatten spendenden Baum machte dann auch jeder Pause. Jeder wandert auch fuer sich selbst in seinem eigenen Tempo. Irgendwie findet man sich dann aber doch wieder zusammen. Sei es bei den Pausen oder an dem Campingplatz am Ende des Tages. Meinem Wolf ging es gar nicht mehr gut. Dieser schmerzte wieder deutlich mehr.

Weiter ging es! Auf einmal kam ich an einer kleine Oase vorbei. Viele Baeume und fliessend Wasser. Einfach beeindruckend in dieser trockenen Einoede. Nach einem kleinen Aufstieg sah ich dann in weiter Ferne "Eagle Rock", einem Felsen der natuerlich so geformt wurde dass er nach einem Adler aussah. Dort angekommen war ein Trailangel! Diese Frau erwartete mich mit einer Schuessel mit Ananas. Diese kleinen Sachen machen den PCT ein noch besseres Erlebnis. Sie durchwanderte selbst den PCT und ist jetzt ein Trailangel um andere Wanderer mit solchen Sachen zu ueberraschen. Die anderen schlossen auch bald zu mir auf und kamen auch in diesen Genuss.

Aber ich musste ja noch zum Postoffice! Weiter ging's also. Der kleine Wanderweg fuehrte schliesslich durch eine Kaktusgepflueckte Landschaft, ohne Schutz vor der Sonne. Dann verlief der Weg endlich entlang eines Flusses und damit auch wieder unter Baeumen. Von hinten hoerte ich dann Stimmen. Hier reiten doch tatsaechlich Leute entlang. Als ich diese vorbei lassen wollte, vom Weg herunterging und mich umdrehte, ist eines der Pferde fast durchgedreht. Dann meinte die eine, dass ich doch den Hang hinaufgehen sollte. So ein bloeder Gaul. Natuerlich machte ich das und die beiden passierten. Spaeter sah ich, dass das Pferd wieder mal spinnte. Da fehlt wohl die richtige Erziehung. Roadrunner und jemand anders ueberholten mich zwischendurch. Dann sah ich Roadrunner am Wanderwegrand sitzen und sich die blutende Nase zuhalten. Der ganze Boden war auch voller Blut. Sie meinte nur, dass sie das jeden Tag hat und dass das wohl vom Staub kommt. Ganz schoen hart im nehmen das Maedel!

Weiter ging's fuer mich den Wanderweg entlang bei dem ich dann die Wanderabzweigung nahm die mich vom PCT wegfuehrte und dafuer nach Warner Springs. Mittlerweile war es ca. 2:30 Uhr und damit immer noch brutal heiss. Baeume gab es hier auch nicht mehr, aber diese letzte halbe Meile war jetzt auch kein Problem mehr. In Warner Springs angekommen lief ich erst mal eine falsche Strasse entlang. Ein Blick auf die Karte zeigte mir dann den richtigen Weg zum Postoffice. Unterweg sah ich auch noch eine tote, auseinandergenommene Schlange am Wegesrand. Nur eine tote Schlange ist eine gute Schlange! Nach weiteren 10 Minuten war ich dann auch schon beim Postoffice und legte meine Wandersachen beim Nachbargebaeude ab. Ist mein Kochtopf wirklich angekommen? Mit einer gewissen Skepsis betrat ich das Postoffice, sagte der Dame meinen Namen und sie verschwand in einem Nebenraum... und dann... Yeeeeeeeeha! Mein Kochtopf! Das hat doch tatsaechlich geklappt! Nun bin ich endlich unabhaengig. Ich kann selbst kochen und muss nicht immer andere Fragen. Ode an den Pot:

Oh Kochtopf du tolles Teil,

Du hilfst mir so sehr,

So kann ich essen viel mehr,

Ich find' dich so geil.

Bei der Tankstelle nebenan holte ich mir erst mal eine Dose Bier und zwei Dosen Cola. Ja. Cola+Bier. Das In-Getraenk fuer mich als Wanderer. Nach 4 Tagen Wasser war das auch besonders lecker. Kyle kam bald auch dazu und nahm sein Paket entgegen. Seine Eltern haben ihm anscheinend Essen fuer die kommenden 10 Tage mitgeschickt. Er hat einfach unglaublich viel zu essen, dass ich spasste ob er so direkt nach Kanada wandern will. Immer mehr Wanderer kamen dazu. Sogar Wanderer die ich nicht kannte. Diese hatten einen "Zero-Day" eingelegt, also einen Tag an dem man nicht wandert. Roadrunner kam dann auch bald an und hatte keine blutende Nase mehr. Mit Kyle scherzte ich noch, ob er ihr vllt. die Nase blutig geschlagen hat :-). Bei der Tankstelle hoerte ich auch von einem Community Center gehoert, in dem es Duschen, Camping sowie weitere Versorgung geben soll. Also auf zu diesem Center! Zuvor aber noch 4 Dosen Bier von der Tankstelle holen. Vllt. kann ich auf diese Weise besser einschlafen.

Es ging nun fast den gleichen Weg zurueck, allerdings ueber den Golfplatz der anscheinend fuer Wanderer verfuegbar gemacht wurde um einen Strassenhatsch zu verhindern der nicht ganz ungefaehrlich ist.

Bei dem Community center angekommen registrierte ich mich gleich und machte mich an die Abendvorbereitungen. D.h. Zelt aufschlagen, Luftmatratze aufblasen, Schlafsack in den Wind haengen. Den Schlafsack lasse ich mittlerweile jeden Abend ueber dem Zelt baumeln um ihn ein bisschen auslueften zu lassen. Dann ging es an die Dusche. Hatte ich schon erwaehnt, dass ich seit 4 Tagen keine Dusche mehr hatte? Es gab allerdings nur eine Eimerdusche ("Bucketshower"). D.h., dass man sich einen Eimer voll Wasser macht und dann mit einem kleineren Eimer sich sauber waescht. Hat prima geklappt. Mann, ich bin wieder sauber!!! Was fuer ein tolles Gefuehl. Dann ging es an's Waesche waschen. Meine graue Hose wurde wieder weiss, meine Wandersocken faerbten das Wasser dunkel. Alles prima.

Nun kaufte ich mir noch Essensnachschub fuer die kommenden 3.5 Tage bis zur naechsten Stadt. Ramen Nudeln, Muesliriegel, Kartoffelpueree und Stuecke von Schinken. Mit dem was ich bisher noch mit mir habe, muss das reichen!

Abends sind wir noch gemuetlich zusammengesessen. Ich allerdings mit Handy und Tastatur um das hier fertig zu schreiben. Das ist der erste Tag, an dem ich den Tag in dem Tagebuch am gleichen Tag beschreibe. Vllt. schaffe ich das weiterhin so!

Einen Sonnenbrand konnte ich auch nicht feststellen. Aber morgen dann wieder mit Sonnencreme.

Mal schaun wie weit es morgen geht....

Heute ist auch der erste Block an Wanderkarten durchgelaufen, was ein ziemlich gutes Gefuehl ist. Das markieren des bisher gelaufenen Weges auf der Gesamtuebersichtswanderkarte war allerdings sehr ernuechternd.

Jetzt in der Nacht Stelle ich doch fest, das mit die Haende etwas brennen. Diese haben doch etwas unter der fehlenden Sonnencreme gelitten.

Leider fehlt mir die Zeit um etwas mehr ueber meine Gedanken zu schreiben.

Es ist einfach nur toll so zu wandern.