Tag 62: Zwei Monate unterwegs oder fuer Essen betteln

2018-07-19: Campsite at Castello → Ridge at 1531


Geschaetzte Strecke: 32 Meilen

Was fuer ein schoener Tag. Ein knackiger Aufstieg, wunderschoene Berge, Wasser, Essen, einfach toll.

Der Burrito von gestern ist mir doch etwas auf den Magen geschlagen. Was das in meinem Zelt anstellte, war sogar fuer mich fast nicht mehr auszuhalten. So etwas widerliches roch ich wohl seit dem ganzen PCT nicht.

Das Abnehmen faellt mir an sich auch ueberhaupt nicht auf. Ich bemerke nur wg. der Hose, dass ich deutlich abgespeckt habe. Irgendwie ist das schon seltsam.

Als ich in der Frueh gegen 5 Uhr aufwachte, drehte ich mich gleich wieder um und schlief weiter. Das war einfach viel zu frueh! Ich war natuerlich auch noch leicht verkatert. Gestern gab es ja alles moegliche vom Rotwein zu Bier bis hin zu Whiskey. Um 6:30 war es im Zelt dann schon so warm, dass ich das Einschlafen gleich vergessen konnte und so beschloss ich einfach schnell aufzustehen. An diesem Zeltplatz genoss ich wieder den ganzen Komfort von einer Bank und sogar einer Toilette. Das ist wieder mal Luxus und so bin ich auch schneller fertig mit dem Zusammenpackeln. Die Blase am Fuss habe ich nicht mehr abgeklebt. Dies fuellt sich immer noch mit Wasser und ich habe es jetzt aufgegeben etwas dagegen zu tun. Die Haut darueber ist so dick, dass diese auch nicht einfach reisst. Wird schon passen.

Um 7:05 ging's dann los! Ueber den Milt Kenny's trail fuehrte dann ueber eine Schotterstrasse der Wanderweg mit sehr guter Ausschilderung zurueck zum Trail. Aus irgendeinem Grund waren hier auch alle Streckenangaben ausschliesslich in km angegeben statt in Meilen. Jawoll! So soll's sein!

Rechts von mir war nun Castle Crags, ein imposantes zinnenartiges Gebirgsstueck das einfach nur majestaetisch aussah. Da es mit den Zinnen etwas an eine Burg erinnern koennte, wurde das wohl "Castle" genannt.

Ich ueberlegte mir auch, dass ich nach Ashland meine naechste Pause in Portland machen werde. Das waere dann vermutlich ungefaehr die Haelfte. Sozusagen nach Ashland dann 2.5 Wochen bis nach Portland und dann nochmal 2.5 Wochen bis nach Kanada. In diesen kleinen Brocken klingt das gar nicht mehr so schlimm bis nach Kanada hochzuwandern. In Ashland sollte ich auch in einer Woche ankommen.

Die stechenden Schmerzen auf meiner rechten Seite im Brustkorb begannen schon wieder innerhalb der ersten paar Minuten. Nach einer halben Stunde hatte ich dann die Loesung gefunden. Ich zurrte den Tragegurt von meiner linken Schulter einfach etwas fester und lockerte den anderen. So ist weniger Belastung auf der rechten Seite. Es stellte sich heraus, dass ich mit dieser Strategie sehr gut fuhr und das Wandern heute gut klappte.

Es haette auf dem PCT wohl auch noch einen 1500 Marker gegeben, aber den bin ich umgangen da ich auf einem alternativen Teilstueck gewandert bin. nicht gesehen. nicht auf alternativ weg.

Viel Wasser hatte ich nicht mit dabei und kam an einem kleinen Fluss an, an dem ich mehr Wasser holen wollte. Oh! Der war ja trocken! Es stellte sich heraus, dass dieser nur saisonal Wasser fuehrte. Ein Blick in die Karte zeigte, dass nach ein bisschen mehr Aufstieg noch eine Quelle sein sollte. Also auf zum Aufstieg von vllt. 150 weiteren HM. Noch bisschen vom PCT abzweigen und da war auch schon die Quelle welche mir frisches Wasser lieferte. Ich tankte ordentlich auf, da jetzt ein steiler Anstieg bevor stand.

Nun stand ein sehr sehr steiler Anstieg bevor bei dem es oft auch keinen Schatten gab. Dieser Aufstieg war zwar nur 600 HM lang, aber er hatte es wirklich in sich. Hierbei konnte ich auch immer mehr und mehr von Castle Crags Spitzen sehen. Einfach wunderschoen! Bei diesem Aufstieg fand ich sogar einen schwarzen Halsschlauch von Icebreaker. Ui! Das ist aber schoen! Der wuerde gut zu meinem anderen schwarzen gefundenen Oberteil passen ;-). Normalerweise lasse ich diese Sachen ja liegen, aber dieses mal nahm ich es aus irgendeinem Grund mit.

Bald verlief der Weg dann weniger steil und weitere 300 HM standen bevor welche sich gemuetlich an den Berghaengen entlang zog. An einer Quelle sah ich auch 4 Familienmitglieder bei denen sich herausstellte, dass die Eltern spontan beim PCT wandern mit dazu kamen. Respekt! Die anderen beiden mit denen ich gestern auf dem Campingplatz war waren auch hier und liefen nur wenig spaeter weiter, genauso wie die Familie. Ich tankte ordentlich auf. 1.5 Liter zum rehydrieren und 1.5 Liter in meiner Trinkblase.

Ich erfuhr auch noch, dass die Nissan Nudeln mit Kartoffelbrei auf dem PCT einfach "Nissan Bombs" heissen.

Weiter ging's mit dem Aufstieg! Das Wasser lief mir in Stroemen herunter. Ich war die meiste Zeit der Sonne ausgesetzt und obwohl es nicht so warm war, schwitzte ich ungemein. Ich machte sogar mein Hosentuerl auf, um meine Unterhose etwas besser trocknen zu lassen. Das ist doch etwas angenehmer wenn man am Abend eine trockenere Unterhose zum schlafen hat. Ja, auch diese Kleinigkeiten spielen eine wichtige Rolle.

Ich hoerte auch den ganzen Tag ueber keine Musik. Hier oben war es einfach unglaublich schoen. Ich lief nun fast im Halbkreis und hatte die ganze Zeit einen Ausblick auf Castle Crags. Ach wie schoen das war. Ich freute mich auch, dass ich schon in einer Woche in Ashland sein werde. Nur eine Sache machte mir Sorgen: Das Grummeln im Magen. Dieser knurrte schon wieder gewaltig. Was soll ich denn machen? Ich kann nicht einfach den ganzen Essensvorrat weg futtern. In ein bis zwei weiteren Tagen kann ich mal schauen ob ich evtl. etwas mehr essen kann.

Ich passierte dann auch bald wieder die Familie welche in dem Schatten hinter einem Baum Schutz vor der Sonne suchte. Das sah wirklich jaemmerlich lustig aus wie die sich auf dem Wanderweg auf dem steilen Hang ausgebreitet haben. Ich fragte dann, ob irgendjemand einen schwarzen Halsschlauch vermisste (Bei der Quelle hatte ich diesen total vergessen) und diesen hatte doch tatsaechlich jemand vergessen! Passt, das hat sich rentiert diesen mitzunehmen und ich habe ihn zurueckgegeben. Als ich meinte, dass das ein ziemlich gutes Stueck ist, wurde es mir gleich angeboten. Ach, ist das schoen auf dem PCT :-). Aber ich hatte schon meinen eigenen.

Bald bog der PCT von dem Aussichtshatsch in Richtung Westen ab und verlief mit ein bisschen auf und ab in eine etwas langweiligere Gegend die aber immer noch huebsch war. Nach einem Pass beschloss ich dann nochmals eine Pause um 15:40 einzulegen. Mein Magen grummelte schon wieder gewaltig. Es gab Beef Jerky und Brezeln. Sowie irgendein Zwiebackaehnliches Gebaeck. Das war's dann auch schon. Mehr gab's nicht. Den Rest brauche ich noch! Mir wurde klar, dass ich wieder mal viel hungern werde.

Als ich so da sass, liefen auch zwei Frauen an mir vorbei und ich unterhielt mich sehr kurz mit ihnen. Diese holte ich bald wieder ein da diese oefters mal etwas am Wegesrand anschauten. Die machten auf mich auch den Eindruck, dass sie nur Tageswanderer waren. Eine fragte mich wie weit ich noch laufen werde und ich meinte, dass es noch ein langer Weg bis nach Kanada ist. Mein Hunger brachte mich dann dazu einfach mal zu fragen, ob sie vllt. noch etwas essbares mit sich haben was sie nicht mehr runter schleppen wollten. Andere wuerden das betteln nennen :-). Die eine fragte mich, ob ich Hunger habe und ich meinte nur, dass ich immer Hunger habe! Als Antwort kam, dass sie das kennt, da sie Berglaeuferin ist. Die beiden kramten dann einen Apfel und ein Marmeladenbrot heraus. Wow! Wie cool! Ich bedankte mich und machte mich an den Weiterweg. Den Apfel kann ich zum Fruehstueck essen und das Marmeladenbrot verputzte ich gleich. Beim Essen rief ich noch zurueck, dass es prima schmeckt!

Weiter unten beim Parkplatz sah ich einen anderen PCT Hiker und hielt einen kurzen Smalltalk mit ihm. Dabei meinte er, ob ich vllt. etwas zu Essen haben moechte! Ich habe nich mal etwas angedeutet. Klar! So bekam ich von "Sundial" wie er hiess noch viele Leckereien zum naschen: Schokomilchpulver, Energieriegel und auch eine Tafel Schokolade.

Beim weiterwandern dachte ich auch ueber die Southbounders nach. Es ist schon seltsam, dass ich noch keinen getroffen habe, der in Kanada gestartet ist. Allmaehlich muessen die hier auch ankommen und mir entgegenlaufen. Alle die mir entgegen kamen sind nicht in Kanada gestartet.

Ich liess eine Quelle aus, da diese ein paar Minuten abseits des Wanderweges gewesen waere, wohl bewusst darueber, dass mein Wasservorrat sehr knapp sein muesste. Aber es waren nur noch 1 Stunde und 200 HM Aufstieg bis zur naechsten Quelle. Es dauerte keine paar Minuten und mir war klar, dass nur noch ein paar Schluck in meiner Blase waren, da ich sehr stark an dem Schlauch saugen musste. aber diese Stunde ueberstand ich so auch ganz gut. Alle 15 Minuten erlaubte ich mir einen kleinen Schluck zu nehmen.

Bei der Quelle angekommen trank ich dann erst mal 1.5 Liter Schokomilch. Nebenbei filterte ich dann auch noch 4 Liter Wasser und musste dabei auch noch feststellen, dass meine Trinkblase leckte. Fuck!!! Das kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Aber da hilft nichts. So kommt die jetzt in meinen Rucksack. So schlimm wird's schon nicht werden.

Der Wanderweg verlief seit einiger Zeit schon wieder in Richtung Norden und ich konnte wieder den schneebedeckten Berg in der Ferne erblicken. Dieser heisst Shasta und ich sah diesen schon ueber die letzten Tage immer und immer wieder. Einfach huebsch hier oben zu wandern.

Ich hatte eigentlich vor, an einem kleinen See zu uebernachten, aber mir wurde von zwei anderen Wanderinnen eine alternative vorgeschlagen: Oben an der "ridge", in diesem Fall an einem kleinem Pass um den Sonnenuntergang zu sehen. Das klang prima und ich habe es auch noch rechtzeitig hoch geschafft um den Sonnenuntergang zu sehen. Oh Mann, war das wieder mal schoen und ich war einfach nur happy.

Zum Essen waehrend dem Sonnenuntergang gab es von Mountain House das Steak mir Reis. Dazu verputzte ich auch eine Tafel Schokolade und andere Suessigkeiten. Ich habe wirklich das Gefuehl, dass ich etwas zugenommen habe. Aber vllt. taeuscht das einfach.

Leider musste ich auch feststellen, dass meine Trinkblase mehr leckt als gedacht. Fast mein ganzes Zeug im Rucksack war nass und haengt oder liegt gerade draussen herum. Zum Glueck ist mein Schlafsack trocken.

Die Tage sind nun auch deutlich laenger geworden. Um 21 Uhr war es immer noch hell. D.h., dass ich sogar noch laenger wandern koennte ;-).

Am Abend schwirrte ein immer groesser werdender Schwarm Moskitos ueber meinem Zelt. Ohne diesem und dem Innennetz waere ich einfach nur aufgeschmissen. Einer der Schliesser vom Reissverschluss spinnt aber. Hoffentlich haelt dieser noch lange genug bis Kanada durch!

Ich habe auch die Planung bis zur naechsten Nachversorgungsstelle durchgefuehrt. Wenn alles klappt, bin ich in 4 Tagen dort, also noch weitere 3x zelten.

Ein Kopfkissen gibt es heute nicht, da mein Pulli immer noch nass ist. Vllt. nehme ich einfach die Tuete Essen als Kopfkissen her.

Zusammengefasst war das heute ein wunderschoener Wandertag. Genau das richtige um mich von den letzten 3 stink langweiligen Tagen zu "erholen". Hoffentlich bleibt das die kommenden Tage so schoen!