Tag 9: Zurueck zum PCT

2018-05-27: Idyllwild dump → poses spring


Geschaetzte Strecke: 25 Meilen

Den Wecker stellte ich vorm Schlafen gehen einfach mal aus. Das aenderte aber nichts daran. Um 2 Uhr bin ich dann bereits aufgewacht. Irgendwie fuehlten sich meine Fuesse seltsam an. Als ich nach ein paar Minuten genauer hinschaute, entdeckte ich eine grosse Blase beim rechten Fussballen. Das kam sicher von dem hurtigen "in's Zentrum" laufen bei dem ich jemandem nach gelaufen bin, der mir den guenstigen Supermarkt zeigte.

Den Rest der Nacht blieb ich wach und konnte nicht weiter schlafen. Wieder mal spuehrte ich das Trio Fuss, Knie und Hueften. Ich muss wirklich langsamer tun. Nach dem aufstehen ging ich in's Haus, aeh, in die Muellhalde mit Dach, um dort sogleich die Blase anzustechen. Ozapt is! Eine lange Fontaine kam mir entgegen als ich Druck ausuebte. Haette ich diese nicht geoeffnet, waere diese neben viel Schmerzen noch viel groesser geworden. Gut abgetapet wurden die Fuesse in die Fuesslinge der Strumpfhosen und die Wandersocken gesteckt.

Ich hoerte auch gute sowie schlechte Nachrichten. Es muss vor kurzem einen heftigen Schneefall in der "High Sierra" gegeben haben. Viele PCT Hiker (Oma, das sind "Wanderer", jetzt lernst du bisschen Englisch) stecken deshalb in "Kennedy Meadows" fest, da der weitere Wanderweg voller Schnee ist. Selbst wenn ich 3 Wochen frueher mit dem PCT angefangen haette, wuerde ich jetzt noch in Kennedy Meadows feststecken. Wenn ich in 3 bis 4 Wochen dort ankomme, sollte der Schnee schon geschmolzen sein. Es geht ein Geruecht um, dass ein paar Wanderer es mit Winterausruestung probiert haben weiter zu gehen. Die haben in 3 Tagen ganze 15 Meilen (ca. 24 km) geschafft und hatten "White-outs". Fuer mich heisst das, bei Flussueberquerungen in der Sierra vorsichtiger sein zu muessen, da die Wasserstroeme jetzt deutlich staerker sind als erwartet.

Als ich alles zusammen gepackelt hatte, vermisste ich ein Teil: Meinen Guertel. Wo ist denn der hingekommen? Etwa noch in der Waschtrommel? Aber den hatte ich extra herausgenommen. Den Eingangsbereich der Muellhalde habe ich komplett abgesucht, aber da war nix. Naja, dann wird er eben irgendwo im Rucksack versteckt sein. So verabschiedete ich mich von den anderen PCT Hikern und der Muellhalde und lief gleich los. Jetzt stand ein langer Strassenmarsch an. Erst mal 8 Meilen lang auf einer Hauptstrasse. Zuerst wieder hoch in's Zentrum von Idyllwild und dann weiter die Strasse auf der sich wg. dem Wochenende relativ viel Verkehr befand. Nach ein paar Minuten stellte ich fest, dass irgendetwas links von meinem Rucksack herunter hing. Ah, da ist ja mein guter schoener Plastikguertel! Als ich daran zog war er schon gleich in meiner Hand und ich legte ihn an. Zum Glueck habe ich den nicht verloren. Das Teil besteht rein aus Plastik, ist damit ultra leicht und eigentlich dazu gedacht, bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen keine Probleme zu machen. Da der Strassenhatsch sehr langweilig war, peppte ich ihn ein bisschen mit Heavy Metal Musik auf. So ging's gleich schneller im Takt der Double Base drum. Es war relativ warm an diesem Morgen. Kommt jetzt etwa eine Hitzewelle zurueck nachdem es so schoen kuehl war? Als ich auf das Tal hinab blicken konnte welches zur See hin war, sah ich dass es gaenzlich im Nebel eingehuellt war. Kein Wind ging, es wurde waermer und waermer.

Der Weg schlaengelte sich ueber viele Kurven den Berg entlang und fuehrte nach ein bisschen auf auch wieder viel nach unten. Allmaehlich dachte ich mir, dass der Weg ueber den Grat vllt. doch besser gewesen waere statt diese Schnee-alternativ-Route zu waehlen. Von den HM her haette es fast keinen Unterschied gemacht und gleiches auch fuer die Strecke. Naja, jetzt war es zu spaet. Das ist echt aergerlich.

Der erste Teil des Strassenhatsch war nach ein paar Stunden hinter mich gebracht und ich machte an einem Baumstumpf Pause indem ich diesen als Rucksack Ablage sowie Sitzmoeglichkeit nutzte. Jetzt gab's erst mal ein kleines bisschen was zu Essen. Nach diesem Strassenhatsch stand mir nun ein 600 HM Aufstieg ueber eine Forststrasse bevor und ich wechselte wieder zu meinen Sandalen.

Die meiste Zeit verlief der Weg einfach nur in der Sonne. Ab und zu kam dann auch ein Auto oder Gelaendewagen vorbei, da diese Strasse zu schoenen Campingplaetzen und dem Trailhead von dem Grat fuehrt. Eines befuerchtete ich schon, naemlich dass mir eine Mitfahrgelegenheit angeboten wird, was auch passiert ist. Es wurde heisser und heisser. Immer wieder machte ich an einem Schattigen Plaetzchen Pause wenn ein Baum gerade guenstig stand. Das nervige waren auch die Fliegen, welche ich staendig umsurrten. Weder schneller laufen, noch mit dem Hut um mich schlagen half da viel.

Nach mehr als 2 Stunden erreichte ich dann endlich die Wasserquelle "poses spring" was einer der Gruende fuer diesen Weg war. Zuerst schaute ich ob ueberhaupt Wasser kam, oeffnete den Hahn und stellte erfreut fest, dass frisches Wasser heraussprudelte. Erst mal legte ich meinen Rucksack ab und fuellte dann meine Flaschen und Trinkblase auf. Das anfangs warme Wasser wurde nach einer Minute kuehler, da es durch Rohre zum Hahn geleitet wurde und diese waren der Sonne ausgeliefert. Es war bereits 13:15 Uhr, also auch Zeit zum Essen. Gestern war ich auf der Suche nach etwas Brot aehnlichem und fand diese Tortilla Wraps die ich nun her nahm. Nun verstand ich auch, was mit "creative Tortilla Wraps" im Internet stand als es um Empfehlungen fuer gutes Hikeressen ging. So belud ich den Wrap mit aller Kreativitaet die mein Baerenkanister her gab: Schweizer Kaese und Salami. Hmmmm.... lecker! Nach einer ca. halben Stunde Pause war es nun Zeit fuer die letzten 3 Meilen zurueck zum PCT. Weiter ging es ueber die Strasse, ein paar Kehren, etwas auf, etwas ab und dann gab' es noch einen wunderschoenen Ausblick ueber das, was mich erwarten wuerde: Wueste und trockene Berge. Als Autofahrer ist dieser Anblick sicherlich toll, aber wenn man weiss, dass man dort bald wandern wird, macht man sich schon Gedanken darueber.

Als ich die Strasse weiter lief, wurde diese dann vom PCT gekreuzt. Das war relativ unspektakulaer und ich haette mir schon mehr erwartet, aber naja. Jetzt war ich wieder zurueck auf dem PCT und wurde erst mal mit einem Hinweisschild konfrontiert: 2017 verschwand zwischen Idyllwild und Big Bear City einer spurlos. Aber das passiert immer mal wieder. Vllt. hat ihn ein "Mountainlion" erwischt, oder ein Baer hat ihn geschnappt, er ist verunglueckt oder er wurde von einem durchgedrehtem Amerikaner entfuehrt. Jetzt standen mir erst mal 2 km Abstieg bevor, von dem ich vor hatte, zumindest die Haelfte heute zu schaffen um die Tagesbelastung fuer Kniee und Fuesse zu verringern. Anfangs verlief der Weg noch an Baeumen vorbei, doch dann wurde es wieder wuesten aehnlicher. Viele Straeucher, wenig Schatten. Der gesamte Abstieg wuerde stundenlang dauern. Der Weg verlief fast unmerklich abfallend in sehr lang gezogenen Zick Zack Linien herab.

Bald lernte ich dann zwei anderen Wanderer kennen: Rainbow und Goggles. Der eine heisst Rainbow wg. seiner Kopfbedeckung mit Regenbogenfarben und der andere Goggles vllt. wg. seiner Sonnenbrille? Naja, keine Ahnung.

Ich legte gezielt ein paar Pausen ein um sicherzustellen, dass meine Fuesse genug Zeit haben um sich zu erholen. Bei einer Pause schwirrte auch ein Kolibri bei mir herum. Ach wie suess! Diese kleinen Dinger machen aber jede Menge Laerm.

Rainbow holte ich bald wieder ein. Dieser sass gemuetlich an einer Stelle mit schoenem Ausblick und meinte nur, dass er hier uebernachten wird. Respekt! Ich wollte aber noch weiter.

Nach ueber 20 Meilen fing auch der Bereich zwischen meinen Beinen wieder das Brennen an. Das ist echt kein Spass mehr. Teilweise lief ich mit der Hand in meiner Hose um mit dem Zeige- und kleinen Finger etwas Erleichterung zu schaffen. Ich kam mir allmaehlich schon wie ein Depp vor, aber naja, so ist das halt.

Bald stiess ich auch wieder auf Goggles und einen anderen Wanderer. Ich glaube, dass mich der andere vor 2 Tagen ueberholt hat! D.h., ich bin immer noch relativ der schnellste. Die beiden beschlossen ein vorgezogenes Abendessen zu machen und ich schloss mich dem gerne an. Dann kam auch Rainbow vorbei, der es sich mit seinem Nachtplatz wohl anders ueberlegt hatte. Zu viert verputzten wir dann einiges an Essen. Fuer den einen brauchte es sogar 2 Packungen von den Ramen Noodles. Ich selbst kam in den Genuss einer Mexican Reis Fertigpackung von Maggi. Nicht schlecht! Ich wuerde heute aber auch alles essen, was man mir vorsetzen wuerde.

Lt. Goggles waren es noch 3 Meilen bis zum Zeltplatz. Dieser benutzte diese GPS App die jeder andere hier auch nutzt. Ich bin der einzige, der mit Karte und Kompass unterwegs ist. 3 Meilen waren ganz schoen viel. Es war bereits nach 7 Uhr und das hiess, dass ich nach 8 Uhr und damit in der Dunkelheit ankommen werde, aber OK. Schnell machte ich mich auf um noch den Rest des heutigen Tageslichtes zu nutzen. Meine Planung, heute einen gemuetlicheren Tag zu machen, ging wieder mal nicht auf. Teilweise wieder mal mit der Hand in meiner Hose (ja, ist ekelig, aber so ist das eben) lief ich so die weiteren 3 Meilen herunter. Allmaehlich wurde es auch deutlich waermer. Sogar so warm, dass ich das Schwitzen wg. der Waerme anfing. Oje. Wie das wohl erst morgen wird.

Nach 8 Uhr abends kam ich dann endlich beim Zeltplatz an und wurde mit "Hey Martin!" begruesst. "Who are you and why do you know my name?", "I'm Kyle!". Holy shit. Kyle hat es bis hierher geschafft. Aber er hat mit dem Auto den super schoenen Teil nach Paradise Valley Cafe uebersprungen. Er meinte auch, dass Roadrunner evtl. aufgegeben haette, da sie sich nicht mehr bei ihm meldet. Tja, dann ist wohl eine weitere Person ausgeschieden.

Das Abendprogramm war relativ einfach: Nest (Zelt, Schlafsack und Matratze) aufbauen, zu den anderen beiden zeltenden Hi sagen, Bett gehen. Im Zelt war es so warm, dass ich den Reissverschluss vom Eingang wieder oeffnen musste. Das kann ja noch lustig werden! Von Kyle holte ich mir noch die Telefonnummer von Roadrunner um ihr morgen eine Nachricht zu schicken. Vllt. motiviert sie das.