Tag 67: Energielos wandern nach dem Sonnenuntergang

2018-07-24: Seiad Valley Campground → CS1688


Geschaetzte Strecke: 34 Meilen

Den jetzigen Eintrag schreibe ich in Ashland. Der Grund dafuer sollte bald klar sein.

Trotz der langen Dusche von gestern musste ich feststellen, dass ich an ein paar Stellen am Koerper immer noch dreckig war. Als PCT Hiker muesste man sich wohl wirklich immer 2x duschen um wirklich den ganzen Dreck wegzubekommen.

Viel Schlaf bekam ich heute Nacht nicht. Trotz der diversen Biere wachte ich mitten in der Nacht auf. Irgendwelche Wanderer meinten um ca. 3 Uhr Nachts aufbrechen zu muessen um der Hitze am morgen zu entfliehen. Und etwa halbstuendlich versetzt lief das dann weiter bis um ca. 6 Uhr. Als ich dann aufgestanden bin, waren fast alle Zelte um mich herum abgebaut. Ich fuehlte mich wie alleine zurueck gelassen. Allerdings wollte ich hier auch noch das Fruehstueck mitnehmen.

Das Zelt und meinen Rucksack zusammen gepackelt lief ich zu dem Cafe um mein Fruehstueck zu mir zu nehmen. Hier sah ich dann auf einmal "Ren" wieder. Dieser kam gestern erst um 21 Uhr abends an und wollte sich jetzt wieder mind. 1/2 Tag Zeit nehmen und dann wieder los starten. Mit ihm zusammen verputzte ich dann eines der widerlichsten Fruehstuecke die ich bisher bekommen hatte. Alles war relativ geschmacklos: Zwei Pancakes (also dicken Pfannkuchen) mit Butterbaellchen. Was zum Teufel machen diese Butterbaellchen da oben drauf? Extra Fett? Einfach so? Dazu Hamburger Press Fleisch das auf der Karte als sausage angeschrieben wurde und dann noch ein bisschen Ruehreier.

Um 8 Uhr startete dann die heutige Tour. Erst mal musste ich noch ein kleines Stueck weiter ueber die Strasse laufen und dann ging auch schon der knackige Aufstieg los. Ich hatte 2 Liter in der Trinkblase sowie 1 Liter Reservewasser mit dabei. Das musste fuer die ca. 1400 HM Aufstieg ausreichen. Nach den ersten Kehren kam ich auch schon an der ersten Quelle an: Fern spring. Von dieser troepfelte das Wasser aber nur noch heraus und aus dem kleinen Pool darunter wollte man sicher kein Wasser entnehmen. Gluecklicherweise habe ich mich gestern nicht dazu entschlossen noch einen spaeteren Start anzustreben um diese Quelle und die nahe gelegene Campsite zu erreichen.

Nach kurzer Zeit beim Aufstieg war mein T-Shirt auch schon komplett duchgeschwitzt. Also nicht nur teilweise wie sonst ueblich wo an den Seitenteilen noch trockene Flecken zu finden sind, sondern das ganze T-Shirt war einfach nur noch nass.

Die Sicht war anfangs ein bisschen truebe, aber desto hoeher ich kam, desto besser wurde diese auch und als ich letztendlich oben in der Naehe des Bergrueckens wanderte war die Sicht wieder klar. Nur in dem Tal sammelte sich der Rauch. Bald wurde mir auch klar, dass es hier mehr als nur ein Feuer gab. Eines davon was diese Rauchschwaden bildete befand sich nun nord-westlich von mir und von diesem ging garantiert keine Gefahr aus.

Anfangs hatte der Wanderweg noch einen etwas trockeneren, schon fast Wuestencharakter aber mit jedem Hoehenmeter wandelte es sich in einen eher alpineren. Die "Lookout Spring" liess ich auch einfach links liegen da ich noch genug Wasser mit dabei hatte um es zu den naechsten Quellen zu schaffen, wenn diese denn Wasser fuehrten. Meine Taktik bei dem heutigen Aufstieg war "slow, but steady". Ich nahm bewusst etwas Tempo heraus, um nach hinten hin noch mehr Kraft zu haben da es ein langer Tag werden wuerde.

Die alpinere Landschaft hatte auch knackige Namen: "Lower/Middle/Upper Devil's Peak". Der Weg zuckelte sich an diesen Peaks nebenan vorbei und knickte dann wieder oestlich ab. Alles wurde nun etwas gruener und baeumiger. Eigentlich haette es hier die Kangaroo Spring geben sollen, allerdings war das Problem, dass diese Quelle hier nicht ausgeschildert war. So lief ich an dieser einfach vorbei statt Wasser zu holen. Naja, macht nicht so viel, da ich noch genug Wasser mit dabei hatte. So hielt ich mich auch nicht laenger mit Wasserholen an dieser Stelle auf sondern spare hoffentlich noch Zeit ein. Teils unter Baeumen, teils der Sonne ausgeliefert wanderte ich wieder mal auf einem Hoehenweg mit ein bisschen auf und ab von ca. 200 HM gemuetlich den Berg entlang. Nur meine Fuesse schmerzten schon relativ stark, aber das war nicht weiter schlimm. Das Wasser trieb mich an. Die naechste Quelle auf dem Weg machte auf mich einen erbaermlichen Eindruck. Das war weniger als ein Rinnsaal!

Also weiter zur Cook and Green Pass spring. Es war bereits deutlich nach 12 Uhr als ich dort ankam und der Weg dorthin zog sich wirklich lange hin (mit dem vorher erwaehntem auf und ab). Als ich am Pass ankam, nahm ich gleich die unbeschilderte Abzweigung in Richtung der Quelle und da gab's dann auch frisches kuehles Wasser an dem sich schon zwei anderen Menschen labten. Ich warf ich erst mal meinen Rucksack ab, holte meinen Wasserfilter und fuellte die ganzen 3 Liter auf.

Zurueck ging's dann zum Pass wo ein schattiges kuehles Plaetzchen auf mich wartete. Endlich Pause! Die ersten 14 Meilen inklusive diesem knackigem Anstieg waren hinter mir. Jetzt erst mal futtern. Ich hatte mir ja einiges tolles unten im Supermarkt gekauft. U.A. Tortilla Wraps, Salami und Kaese. Als ich die Tortilla Wraps auspackte, fuehlten diese sich irgendwie schon seltsam wie eine Gummisohle an. Gut belegt musste ich dann beim ersten Bissen feststellen dass diese nicht nur wie eine Gummisohle aussahen sondern auch so schmeckten. Ja pfui Teufel!!!

Hinzu kam, dass auch einige Muesliriegel schleimig wurden. Diese waren nicht darauf ausgelegt in einem Rucksack transportiert zu werden auf den die Sonne scheint. Bei diesem Plaetzchen gesellte sich auch ein Schweizer dazu den ich schon von gestern kannte. Er kam kurz nach mir an und verliess den Platz auch schon vor mir. Ich hatte aber das Gefuehl, eine laengere Pause zu brauchen.

Nun fuehrte der Weg wieder ueber einen abgefackelten Bereich in der Naehe eines Bergrueckens wieder mal hoeher. Gut 300 HM waren wieder zu schaffen. Das Hoehenprofil waere zwar auf meinem Handy auf einer digitalen Karte zu sehen, aber das verwendete ich nicht. Ich wollte mal erleben wie es ist nur mit einer Karte auf dem PCT zu wandern und ohne Hoehenprofil. Sozusagen mache ich das genaue Gegenteil von dem was die anderen Wanderer machen. Back to the roots!

Ab diesem Zeitpunkt fing auch mein Magen an sich mehr und mehr seltsam anzufuehlen. Irgendwas war nicht i.O. Schon vorhin war es nicht ganz einfach die Nussriegel zu essen und mein Koerper scheint diese auch nicht mehr wirklich zu verdauen wie ich oft sehen konnte... Irgendwie fuehlte sich mein Koerper schlapp an, aber ich konnte trotzdem noch wandern. Ein Gefuehl wie z.B. dass die Batterien leer sind ist es aber nicht, irgendetwas anderes... wie eine Art kleine Grippe. Langsamer und langsamer kam ich voran, aber ich kam noch voran.

Nach nur 6 Meilen, damit wohl etwas mehr als 2 h wandern seit der letzten Pause, kam ich an einer weiteren Quelle vorbei an der sich bereits ein anderer PCTler herumtummelte und dort machte ich schon wieder eine Pause. Rehydrieren, Wasser nachfuellen, eine Kleinigkeit essen. Diese Tortilla Wraps bekam ich einfach nicht runter und so futterte ich die Salami einfach pur. Auch an dieser Quelle war das Wasser nicht ausgeschrieben und ohne den Wanderer waere ich wohl auch hier einfach vorbei gelaufen. Das waere aber alles kein Problem gewesen, da es genug Quellen gibt.

Nach nur einer halben Stunde Pause ging's wieder weiter. Aber nur noch im Schneckentempo. Ich wusste, dass mich noch ein weiterer kleiner Anstieg erwartet und dass dieser sehr gemuetlich nach oben fuehrt. Dann geht's nur noch bergab, wenn ich denn soweit kommen werde. Der PCT wurde hier vor ein paar Jahren wohl weiter hoch auf den Bergruecken verlegt, da dieser nun von der Karte fuer ein kurzes Stueck stark abweichte. Dort fuehrte dieser teils unter Baeumen, teils ueber baumfreie Zonen mit bisschen auf und ab hoeher. Viel Tempo hatte ich nicht, aber ich musste es irgendwie schaffen noch diesen langgezogenen Aufstieg zu schaffen. 300 HM sind eigentlich nichts, aber mir ging's einfach nicht gut. Ich ueberlegte mir wie ich noch ein bisschen Energie bekommen koennte. Von den Muesliriegeln bekam ich keinen mehr runter. Aber ich hatte doch noch Schokomilchpulver!

Nach nur 3 Meilen machte ich an einem kleinen Campingfleckchen Pause und bereitete eine Schokomilch zu, und was fuer eine. Normalerweise schuette ich nur ein Paeckchen in einen Liter Wasser was dem Wasser einen gewissen Schokomilchgeschmack gibt. Dieses mal aber schuettete ich 4 Paeckchen rein. Ich trank nicht gleich alles aus, sondern ging etwas vorsichtiger vor. Erst mal gab es nur einen kraeftigen Schluck. Mit der Flasche in der Seitentasche von meinem Rucksack und damit griffbereit wanderte ich dann weiter. Nur ab und zu gab es einen weiteren Schluck. Ich wollte nicht, dass mir hinten alles herausschiesst. Tja.... und dann passierte es trotzdem. Ich habe momentan einfach Probleme mit der Verdauung. Irgendetwas war einfach kaputt. Hier konnte man nur schwer ein Loch buddeln! Deshalb legte ich einen sehr sehr grossen Stein um, um das Geschaeft zu erledigen und legte diesen dann wieder zurueck um meine Schandtat zu verstecken.

Mit jeder weiteren Meile wurde die Sicht trueber. Es gab hier deutlich mehr Rauch als noch vor ein paar Stunden. Dafuer war der Sonnenuntergang deutlich schoener, da der Rauch das rot intensivierte. Es war bereits spaeter am Abend als ich bei Alex Hole ankam. Dort sollte es auch eine Quelle geben und da alles flach war haette ich dort andere zeltende Wanderer erwartet, auch wenn keine Campsite auf der Karte eingezeichnet war. Nur war hier alles einfach nur voller Ameisen! OK, dann eben weiter. Es hilft ja nichts. In 4 weiteren Meilen soll es auch noch eine Campsite direkt neben einem Wasser geben. Ich fuehlte mich zwar beschissen, aber das schaffe ich jetzt auch noch.

Dann musste ich auch noch feststellen, dass der zweite Teller von meinen Wanderstoecken weg war. Nun sind diese endlich wieder symmetrisch :-). Mit dem Restlicht von einem tiefroten Sonnenuntergang verlief der Weg dann weiter den Bergruecken entlang, erst ein bisschen ganz leicht aufsteigend, dann nur noch runter. Dann hoerte ich etwas was bisher noch nie der Fall auf dem PCT war: Kuhlaeuten. Es gab hier tatsaechlich weidende Kuehe! Wie sehr mich das an die Alpen erinnerte! Einfach schoen.

Es wurde dunkler und dunkler und ohne Vollmond haette ich nichts mehr gesehen. Jedes mal wenn der Weg in ein Waldstueck fuehrte, haette wohl fast jeder seine Stirnlampe ausgepackt, aber ich lief ohne weiter. Das war vllt. nicht das cleverste, aber es war mir auch schon egal. Es war ja nicht mehr weit. Nach ca. 20 Minuten Wandern in der Dunkelheit und nach dem Ueberqueren von zwei kleinen Rinnsalen wobei der zweite in der Naehe von meinem Zeltplatz sein sollte machte ich mich auf die Suche nach dem Zeltplatz. So offensichtlich war das gar nicht. Auf einer baumfreien Flaeche machte ich dann 30 Meter unter mir eine etwa ebene Zone aus und das sah mir doch ganz nach dem Zeltplatz aus. Es stellte sich heraus, dass es hier sogar einen Balken gab ueber den man sein Essen aufhaengen konnte um es vor Baeren zu schuetzen.

Jetzt noch schnell Wasser holen, Zelt aufschlagen, Essen. Essen? Mir war nicht nach Essen und insbesondere nicht nach Kochen. Ich schuettete einfach 3 kleine Packungen Haferflocken zusammen und gab Wasser dazu. Das war auch schon mein ganzes Abendessen. Dann noch ab in's Zelt und Tagebuch schreiben.... nein.... doch nicht. Ich schlief einfach nur ein. Das war ein sehr anstrengender Tag.

Drei Tage spaeter verfasse ich nun diesen Eintrag und zaehlte die Meilen. Bei 34 Meilen und dem spaeten Starten zu dem heutigen Tag ist es mir auch klar, warum ich so kaputt war!